Die Zechpreller Europas

Europas Finanzminister hängen der EU allerlei Sonderwünsche um. Die Kosten dafür wollen sie aber nicht tragen.

Österreich hat seine Bergbauern. Frankreich seine Thunfischflotten. Deutschland seinen Osten, die Spanier ihre Olivenhaine und Italien den Mezzogiorno. Die Briten haben Wales, die Dänen die Windkraft, und gemeinsam wollen sie mehr Hochgeschwindigkeitszüge und Hochspannungsnetze. Alle 27 Mitgliedstaaten haben meist mehr und selten weniger teure Sonderwünsche an das EU-Budget. Alle sieben Jahre rauft man sich zusammen und steckt das unter einen mehrjährigen Finanzrahmen. Mit dieser mehrjährigen Planung ist der Rahmen für das, was die EU an Geld ausgeben darf, im Großen und Ganzen außer Streit gestellt.

Doch das ist es nicht mehr. Die Finanzminister – und zwar vor allem jene reicher Länder wie Österreich – scheinen die Funktionsweise des EU-Budgets völlig zu verkennen. Sie verhalten sich wie Zechpreller, die prahlerisch eine Runde nach der anderen ausgeben, die Rechnung aber verweigern. Sie missbrauchen die jährlichen EU-Budgetverhandlungen, um politisches Kleingeld zu machen; ganz so, als ob der Unionshaushalt von einem Prozent der Wirtschaftsleistung Europas die nationalen Budgets über Gebühr belaste. Damit verstoßen sie gegen ihre eigenen Regeln. Und sie werfen einmal mehr die Frage auf, was der Grundsatz „Pacta sunt servanda“ in Europa noch zählt.

oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2012)

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