SPÖ-Minister können ziemlich brutal sein

Schmied entlässt einen Rektor, weil er eine Meinung hat. Im AMS peitscht Hundstorfer eine Parteikandidatin durch. Wie war das mit böser Personalpolitik in Schwarz-Blau?

Werner Faymann ist kein großer Freund eines Mehrheitswahlrechts in Österreich. Wozu auch? Mit nicht einmal einem Drittel aller Stimmen (bei der vergangenen Nationalratswahl und aktuell in allen Umfragen) regiert die SPÖ das Land einigermaßen bequem und in vielen für die SPÖ wirklich wichtigen Fragen fast absolut: in Personalfragen nämlich. Es reichen ein paar Zugeständnisse an den Koalitionspartner ÖVP und fast alles, was die SPÖ-Minister wollen, passiert auch.

Wir erinnern uns: Unter Schwarz-Blau prangerte die SPÖ nicht etwa vermutete oder offensichtliche Skandale an. Nein, es war in erster Linie die Personalauswahl der Rechtsregierung, die die SPÖ aus verständlichen Gründen auf die sprichwörtliche Palme trieb. Eine brutale Einfärbung sei da im Gange, SPÖ-Parteigänger würden verfolgt und ihrer Posten beraubt, hieß es da in Aussendungen und Interviews hoher SPÖ-Politiker.


Diese Wehleidigkeit ist längst Geschichte, nun beweist die SPÖ, dass sie selbst auch sehr viel von gnadenloser Macht- und Personalpolitik versteht. In den vergangenen Wochen lieferten SPÖ-Minister dafür einige schöne Beispiele, die ihren Weg in die Öffentlichkeit fanden. Es begann mit dem ORF, den die SPÖ ganz offen als ihren Sender versteht, und fand am Freitag im Ressort von Unterrichtsministerin Claudia Schmied einen weiteren Höhepunkt. Die Ressortchefin ist schon seit Längerem für Konsequenz in politischer Stromlinienführung ihres Hauses und für dessen gewaltigen Einflussbereich bekannt.

Jetzt hat sie den designierten Rektor der Pädagogischen Hochschule Tirol wegen dessen ersten und einzigen Interviews abberufen. Elmar Märk hatte es gewagt, seiner Ministerin in der Sachfrage Lehrerbildung zu widersprechen. Zudem hat er das Pech, beziehungsweise das Glück, der Bruder von Uni-Innsbruck-Rektor Tilmann Märk zu sein. Und der ist ein Vertrauter von ÖVP-Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle. Die beiden vertreten zufällig auch die Gegenposition zu Schmied, nämlich, dass alle Lehrer an den Unis und nicht an den Kaderhochschulen Schmieds ausgebildet werden sollten. Das reicht, um in Österreich im öffentlichen Dienst einen Job zu verlieren. Konstruierter Vergleich zwecks Verdeutlichung: Würde Töchterle jeden Rektor feuern, der eine andere Meinung vertritt, also etwa behauptet, zu wenig Geld von der Regierung zu erhalten, gäbe es keine Uni-Führung. Rechtlich darf das Töchterle nicht – was Schmied konsequenterweise für falsch hält. (Zumindest will sie die Autonomie der Unis einschränken.) Es war nicht die erste personelle Intervention an den pädagogischen Hochschulen vonseiten Schmieds.


Und dann wäre da noch der stets väterlich-freundlich lächelnde und allseits beliebte Sozialminister Rudolf Hundstorfer, der auf Wunsch seiner engen und vielleicht bald noch engeren Parteifreunde in Wien eine Kandidatin für das einflussreiche Arbeitsmarktservice der Stadt verhinderte. Dabei ging man offenbar nicht gerade zimperlich vor: Der für den Job erstgereihten Kandidatin wurde offenbar nicht gerade subtil („massiv eingeschüchtert“, so die betroffene Inge Friehs) nahegelegt, ihre Bewerbung zurückzuziehen. Sie sollte den Weg für Petra Draxl, die Alternativ-Kandidatin der Wiener, frei machen. Der Sozialminister spricht in solchen Fällen sonst gern vom zunehmenden Mobbing, das in den Büros des Landes aufgrund des größer werdenden betriebswirtschaftlichen Drucks zu beobachten sei und den es gemeinsam mit den Sozialpartnern zu bekämpfen gelte.

Weitere „Umfärbungen“ ließen sich anführen, Doris Bures hat etwa gerade Peter Mitterbauer durch die (durchaus qualifizierte) Parteifreundin Ex-EZB-Direktorin Gertrude Tumpel-Gugerell im Vorsitz des Aufsichtsrats der Forschungsförderungsgesellschaft austauschen lassen.

Ein Muster lässt sich erkennen: Die SPÖ hat mangels Konkurrenz und dank der gesunkenen Wahrscheinlichkeit einer Koalition zwischen ÖVP und FPÖ Oberwasser wie lange nicht. Werner Faymann und seine Freunde werden daher weiterhin so verfahren, als gehörten ihnen mit nicht einmal einem Drittel der Stimmen zwei Drittel des Landes. Der Widerstand dagegen ist enden wollend. Die ÖVP ist mit im Boot, die anderen wollen hinein.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2012)

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