Schwarz-Grün kommt – aber nur von Faymanns Gnaden

Zwischen „Pizza Connection“ und „Melonenpartei“: Die Grünen könnten bald mitregieren. Sofern sie sich nicht vorher in eine Art KPÖ light verwandeln.

Von einer „Pizza Connection“ ist hierzulande nichts bekannt. Unter diesem informellen Titel haben sich noch zu Zeiten der „Bonner Republik“ Grüne wie Katrin Göring-Eckardt, die nunmehrige Spitzenkandidatin der deutschen Grünen für die Bundestagswahl, regelmäßig mit Abgeordneten der CDU getroffen. Damit sollte die Tür zu einer möglichen schwarz-grünen Koalition offen gehalten werden.

Von ihrer Biografie her sind einander Göring-Eckardt und die Spitzenkandidatin der Grünen für die österreichische Nationalratswahl im selben Jahr, Eva Glawischnig, nicht unähnlich. Göring-Eckardt ist Vorsitzende der Synode der evangelischen Kirche Deutschlands. Glawischnig ist in eine bekannte protestantische Kärntner Familie hineingeboren. Beide galten jahrelang als führende Vertreterinnen des Realo-Flügels in ihren Parteien, die auch Wähler der bürgerlichen Mitte ansprechen sollten und Schwarz-Grün nicht abgeneigt waren.

Und während Göring-Eckardt im internen grünen Wahlkampf nun versucht hat, den linken Jürgen Trittin links zu überholen – was ein echtes Kunststück ist –, sieht Glawischnig derzeit dabei zu, wie ihre Partei unter Federführung der Wiener Landesgruppe nach links rückt.

Nun könnte man einwenden: In Oberösterreich regieren die Grünen artig mit der ÖVP, so, wie sie es bis vor Kurzem auch in Graz getan haben. Ja, eh. Aber für die Politik der Gesamtpartei maßgeblich ist nach wie vor das, was die Wiener Grünen vorgeben. Und eine Mietpreisobergrenze von sieben Euro pro Quadratmeter, wie dies Maria Vassilakou, bisher ebenfalls dem Realo-Flügel zugehörig, wünscht, kann nur dahingehend interpretiert werden, dass die Rathaus-Grünen nun die Wiener SPÖ links zu überholen versuchen.

Dies ist nicht nur ein unzulässiger Eingriff in die Privatautonomie, sondern offenbart auch ein Politikverständnis, das die FPÖ gewohnt polemisch, aber nicht ganz unzutreffend „Wohnungspolitik der Marke Moskau 1982“ genannt hat. Nicht der einzelne Bürger weiß, was für ihn gut und richtig ist. Die grüne Partei weiß es besser. Wer sein Erspartes in eine Wohnung steckt, um diese dann vermieten zu können, muss damit rechnen, dass ihm die Grünen die Preise diktieren. Als „Melonenpartei“, außen grün und innen rot, wurden die Grünen früher gern verspottet. So falsch war das gar nicht, wie sich nun einmal mehr zeigt.

Eines muss man den Wiener Grünen jedoch lassen: Sie machen Politik. Klientelpolitik zwar, aber immerhin. Sie setzen das um, was sie vorher versprochen haben – Fußgängerzonen, Parkpickerl, Verbilligung der Öffi-Jahreskarte etc. Wobei sie sich bei Gelegenheit schon fragen sollten, ob etwa eine gesetzlich verordnete Mietobergrenze wirklich im Sinne eines Teils ihrer Klientel, wie etwa der Ein-Personen-Unternehmer, ist.

In die Versuchung, ihre neuerdings wieder sehr linke Schlagseite in einer Koalition mit der SPÖ auch auf Bundesebene auszuleben, werden die Grünen aller Voraussicht nach nicht so schnell kommen. Denn es geht sich schlicht – nach wie vor – nicht aus. Auch wenn die Grünen wider Erwarten zulegen sollten, wird die SPÖ mit ziemlicher Sicherheit weitere Prozentpunkte verlieren. Die einzige – und gar nicht einmal so unrealistische – Chance auf eine grüne Regierungsbeteiligung ist daher jene als Junior-Junior-Partner in einer Großen Koalition. Und da man dann nicht nur mit der SPÖ, sondern auch mit der ÖVP in einer Regierung säße, kann man sich Vorstellungen wie Mietobergrenzen um sieben Euro gleich wieder abschminken.

Wobei dieses Szenario nicht mehr als eine Verlegenheitslösung wäre – um die FPÖ von der Macht fernzuhalten. Zumal das Verhältnis zwischen den Grünen und der SPÖ nach den Auseinandersetzungen rund um die Inseratenaffäre im U-Ausschuss wieder stark abgekühlt ist. Und von gemeinsamen Pizzeria-Ausflügen von grünen und schwarzen Abgeordneten ist ohnehin nichts bekannt. Es ist schon Jahre her, dass man einander näherkam. Und das damalige Tête-à-Tête im Spätwinter 2003 ließ viele auch desillusioniert zurück.

Aber was fast einmal war, kann ja noch werden. In nächster Zeit jedoch nur von Werner Faymanns Gnaden.

E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2012)

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