Klimaschutz ist teuer, hoffentlich zahlen wir umsonst

Die Kosten des Klimaschutzes sind wie eine Versicherungsprämie. Vielleicht werden wir einmal zu viel dafür bezahlt haben. Das Risiko ist aber zu hoch, um nichts zu tun.

Klimaschutz kostet Geld – und zwar viel Geld. Das ist eine unbestrittene Tatsache. Denn auch wenn sich Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz nach einigen Jahren selbst rechnen, bedeutet eine Verringerung von CO2-Emissionen in der Regel höhere Kosten. Einfacher und billiger wäre es, so weiterzumachen wie bisher: mit dem Verbrennen von Öl, Gas und Kohle – jenen fossilen Energieträgern, die seit Jahrzehnten verhältnismäßig günstig und zuverlässig unsere Autos antreiben und unsere Wohnungen heizen.

Der Umstieg auf Elektromobilität, eine auf Sonne und Wind basierte Stromerzeugung oder das Abscheiden und unterirdische Speichern von CO2 bei konventionellen Kraftwerken bringt hingegen zusätzliche Ausgaben und neue Mühen. So ist der grüne Strom bei den Produktionskosten einfach noch nicht konkurrenzfähig und verursacht aufgrund seines volatilen Aufkommens auch seit Jahrzehnten nicht mehr bekannte Probleme bei der Versorgungssicherheit. Ähnlich die Situation bei Elektroautos: Statt des gewohnten Komforts und großer Reichweiten soll die Zukunft plötzlich in teuren Kleinwagen liegen, die nicht einmal durch halb Österreich am Stück kommen?

Kein Wunder also, dass auch hierzulande immer mehr Menschen den Klimaschutz als unnötige Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit und Attacke auf ihre Geldbörse ansehen. Befeuert wird dieser „Klimaskeptizismus“ nicht zuletzt von in der Regel pseudowissenschaftlichen Büchern und Internet-„Dokumentationen“, die den Klimaschutz als verschwörerische Abzocke globalen Ausmaßes enttarnt haben wollen.


An Letzterem sind die professionellen Klimaschützer zwar nicht ganz unschuldig, da sie jeden Hurrikan und jede Überschwemmung sofort hysterisch mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht und dadurch viele Menschen mit dem Thema übersättigt haben. Die Wissenschaft ist sich in ihrem Urteil aber einig: Der Treibhauseffekt findet statt – und zwar schneller als bisher erwartet. Und auch das angepeilte Ziel einer Erwärmung von maximal zwei Grad dürfte kaum mehr zu erreichen sein.

Das bedeutet natürlich nicht, dass bei einer Erwärmung um 2,01 Grad die Welt untergeht. Allerdings bewegt sich der Planet dann langsam in klimatologische Bereiche, die es zwar bereits einmal gegeben hat – dies aber Millionen Jahre bevor erstmals Menschen auf dieser Erde wandelten. Es kann somit niemand vorhersagen, wie groß die Auswirkungen auf das menschliche Leben auf der Erde sein werden.

Relativ sicher ist, dass es weniger die großen TV-tauglichen Stürme sind, die uns beunruhigen sollten. Viel problematischer sind die zunehmende Wasserknappheit in Gegenden am Äquator und eine Versalzung küstennaher Grundwasserreservoirs durch steigende Meeresspiegel. Diese verhältnismäßig stillen Effekte könnten nicht nur zu Wanderbewegungen großer Menschengruppen führen – sie könnten auch unumkehrbar sein.

Spätestens hier kommen wieder Parallelen zur Ökonomie ins Spiel. Denn in dieser ist es ganz normal, sich – bei nachvollziehbaren Kosten – gegen zukünftige Risken abzusichern, deren Auswirkungen so groß sind, dass sie nicht oder kaum verkraftbar wären. So gibt es kaum eine Firma oder Privatperson, die ein größeres Gebäude nicht gegen Feuer versichern lässt. Kaum ein Unternehmen sichert sich nicht gegen außerordentliche Kostensteigerungen bei wichtigen Rohstoffen ab. Und nicht zuletzt aus diesem Grund ist auch die Kfz-Haftpflichtversicherung vorgeschrieben. Da Unfälle Folgen haben können, die der Einzelne nicht verkraften kann.

Wenn nichts passiert, werden diese Versicherungsprämien sozusagen „unnötig“ bezahlt – da man die Leistung nie in Anspruch genommen hat. Ähnlich ist dies beim Klimaschutz (wobei es hier auf jeden Fall mehr Unabhängigkeit von Ländern wie Russland gibt): Wenn die Auswirkungen doch nicht so schlimm sind, werden wir in Zukunft vielleicht einmal feststellen, dass wir uns manch teure Maßnahme hätten ersparen können. Das Risiko, es einfach darauf ankommen zu lassen und gar nichts zu tun, ist aber zu hoch.

E-Mails an: jakob.zirm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2012)

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