Von wegen super und Wahljahr

Prölls Macht bleibt erhalten wie die Wehrpflicht. Wendestimmung gibt es weder in Kärnten noch in Salzburg. Am Schluss koalieren SPÖ und ÖVP. Und irgendjemand. Toll.

Die Formulierung Superwahljahr klingt für Österreich ziemlich dick aufgetragen. Immerhin bringt eine Nationalratswahl im Regelfall gerade einmal eine Veränderung der Staatssekretariate, nur in besonders spannenden Fällen wechselt die Zuständigkeit für ein, zwei Kompetenzen, wie den Konsumentenschutz, das Ressort. Denn egal, wie und was man wählt, am Schluss winken SPÖ und ÖVP aus dem Ministerrat. Selbst wenn im kommenden Jahr die beiden Parteien unter 50 Prozent rutschen: Ein paar Gugelhupfrunden bei Heinz Fischer, und Eva Glawischnig darf oder muss das Umweltressort übernehmen. Irgendjemand wird sich zwecks Staatswohls schon zum zweiten Juniorpartner machen lassen.

An der Realverfassung ändert das kaum bis nichts: Die Macht geht von Sozialpartnern und Landeshauptleuten aus. Werden die Parteichefs der beiden ehemaligen Großparteien bei den Wahlen im kommenden Jahr geschwächt, ist dies nur noch stärker einzementiert. Also muss es wohl eher heißen: 2013 wird ein Superlandtagswahljahr. Zumindest in zwei Ländern könnte es einen Wechsel geben, aber sowohl in Kärnten als auch in Salzburg sollte man die noch amtierenden Krisenlandeshauptleute nicht abschreiben. Gerhard Dörfler, Landesvater gewordener Faschingsgildenobmann, muss sich mehr vor Frank Stronachs gut finanzierter Landesfiliale fürchten als vor einer linken Wendestimmung im Bundesland.

Gabi Burgstaller hat mit dem gestrauchelten Ziehsohn David Brenner und dem Millionenfinanzskandal zwar ein massives Problem und kaum Glaubwürdigkeit mehr. Aber mit viel Tränen und Entschuldigungen könnte ihr gelingen, was einst Waltraud Klasnic nach der Herberstein-Affäre in der Steiermark nicht schaffte: mit Mitleidseffekt doch vor dem Herausforderer zu bleiben. Die Salzburger ÖVP nahm vielleicht die Spur zu schnell und begeistert die Millionenfehlspekulationen einer Beamtin zum Anlass, in eine Neuwahl zu gehen. Die Empörung der SPÖ darüber ist geheuchelt: Sie hätte es genau so gemacht. Der Fall Burgstaller/Brenner ist übrigens ein kleines Drama: Brenner war eine der wenigen pragmatischen Zukunftshoffnungen seiner Partei, er legte sich schon einmal mit der mächtigen Gewerkschaft der Landesbeamten an. Burgstaller war eine der wenigen Politikerinnen, die sich eine eigene Meinung bildete und leisten konnte. Dass sie nun nicht wirklich an Rücktritt denkt, zerstört viel davon.

Dann wäre da noch der mächtige Erwin Pröll, in dessen großem Reich auch – aber weit weniger letal als in Salzburg – mit öffentlichem Geld spekuliert wurde. Für Pröll trifft zu, was für alle mächtigen Herren gilt: Sie haben genau so viel Macht, wie man ihnen gibt. Anders formuliert: Michael Spindelegger, der zu Recht gegen das Schuldenmachen auftritt, hätte die Erhöhung des Pendlerpauschales am Vorabend der niederösterreichischen Wahl ebenso wenig beschließen müssen wie Werner Faymann. Spindelegger hätte etwa seiner Finanzministerin jene Loyalität beweisen können, die sie ihm gegenüber mitunter hat vermissen lassen. Maria Fekter war nicht nur gegen die Erhöhung des Pendlerpauschales, sondern natürlich auch für eine verfassungsgemäß abgesicherte Kontrolle der Landesfinanzen: Spindelegger lehnte ab und folgte Pröll. Schade, er hat eine Gelegenheit zur notwendigen Emanzipation verpasst. So oder so, Pröll wird das Land weiter regieren. Und Tirol? Günther Platter wird zwar vermutlich Stimmen verlieren, nicht aber Platz eins im Land. Bundespolitische Bedeutung kann er nicht verlieren.

Dann ist da noch eine ärgerliche Geschichte: die Volksbefragung, die uns der andere mächtige, ältere Mann eingebrockt hat. Michael Häupls Befragung über die Abschaffung der Wehrpflicht zugunsten eines knapp dotierten, diffus organisierten und kaum einsatzfähigen Berufsheeres. Damit werden Häupl, Faymann und Norbert Darabos die Wehrpflicht einbetonieren. Eine Debatte in Richtung eines echten Berufsheeres mit zeitgleicher Aufgabe der Neutralität und Beitritt zu einem europäischen oder dem transatlantischen Militärbündnis wird mit der dummen Befragung für die nächsten 20 Jahre leider unmöglich.

Nennen wir 2013 doch das Jahr der Superwahl-Chimäre.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2012)

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