Die Stunde der Silberrücken

Es gibt auch positive Nachrichten aus der Politik: In Deutschland und Polen profilieren sich die Außenminister. Den Herren Monti und Kerry wird zu Recht Vertrauen geschenkt.

Die Liebe der österreichischen Journalisten zum (innen-)politischen Personal rührt aus der Begeisterung für Pessimismus und mitunter Zynismus der kommentierenden Zunft. Gutes über Politiker zu berichten und meinen gilt für viele – durchaus zu Recht – als PR und Kritiklosigkeit.

Dabei ließe sich Lob durchaus auch zum Teil kritisch formulieren: So ist Werner Faymanns Wandel vom populistischen EU-Kritiker zum Hurra-Europäer besser als umgekehrt. Und dann wäre da noch Frau Fekters Sprachgefühl und Gespür für Diplomatie: Schön, wenn es endlich ein Politiker aus Österreich in die Schlagzeilen internationaler Medien schafft und nicht Jörg Haider oder Heinz-Christian Strache heißt. Der sollte an dieser Stelle auch einmal Lob und Applaus erfahren: Danke, dass nichts von Ihnen zu hören und sehen ist, Herr FPÖ-Parteiobmann.

Auf dem internationalen Parkett fällt es natürlich leichter zu applaudieren. Die Auswahl der Köpfe ist größer, das Niveau mitunter höher. Beginnen wir mit den Überraschungen: Guido Westerwelle, früher der Lächerlichkeit nicht fern, hat in den vergangenen Monaten als deutscher Außenminister eine gute Figur gemacht. Seine klaren Worte zum Nahostkonflikt, seine klare Betonung der Verantwortung aus der deutschen Geschichte für Israel und sein Engagement für vergessene Krisenherde auf der Welt zeugen von einer neuen deutschen Ernsthaftigkeit, die in der Sprache von 2012 formuliert wird. Wirklich interessant und positiv hervorzuheben ist auch sein polnischer Amtskollege Radosław Tomasz Sikorski. Er drängte nach seiner bemerkenswerten Rede im Vorjahr Deutschland nach wie vor, die Führungsrolle in Europa wahrzunehmen. Interessant, dass ein Pole das dem historischen Exfeind rät. Polen jedenfalls hat allen Grund zum Selbstbewusstsein: Es liefert derzeit die beste wirtschaftliche Performance in Europa.

Apropos Europa: Dessen wahre Regierungschefin, Angela Merkel, lässt es mitunter laufen. Sie setzt vor allem innenpolitisch weniger Meilensteine als einst Gerhard Schröder. Dessen sozialpolitische Reformen waren eine Grundlage für die heutige Stabilität Kerneuropas. Durchaus schmerzlich wird Nicolas Sarkozy vermisst, sein finanzpolitisch gefährlicher Nachfolger macht den Vergleich leider sicher.

Kultur des Scheiterns. In Italien heißt die gute Nachricht weiter Mario Monti. Der alte Mann, der den Zusammenbruch Italiens mit einem schmerzlichen Sparkurs verhindert hat, ist – vermutlich – so freundlich, noch einmal zu kandidieren. Auch wenn es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass er wieder Regierungschef wird, hat sein geplantes Antreten für eine Spaltung des Berlusconi-Zirkus gesorgt, und das ist immerhin schon die halbe Miete für die italienische Politik.

In den USA kehrt John Kerry als Außenminister ins Rampenlicht zurück. Amerikanische Zeitungen loben seine harte und klare Verhandlungsführung in heiklen diplomatischen Missionen. Dass nach Hillary Clinton wieder ein gescheiterter Präsidentschaftskandidat den vielleicht zweitwichtigsten Job in der US-Politik übernimmt, sagt viel über eine (politische) Kultur, die uns leider fehlt: Niederlagen oder Misserfolge bedeuten keinesfalls das Ende einer Karriere, sondern gehören selbstverständlich dazu.

Gute Vorbilder für Österreich also. Gäbe es solche Politiker denn auch? Die sicher verdienten Herren Erhard Busek und Johannes Voggenhuber lieferten sich in den vergangenen Tagen leider ein reichlich unwürdiges Match mit dem grantigen Klubobmann der ÖVP, der keine Rauferei auslassen kann. (Es ging um das neue Wahlrecht, aber tat leider nicht wirklich etwas zur Sache.) Und was machen die Nachwuchshoffnungen?

An dieser Stelle wäre eigentlich Sebastian Kurz zu nennen. Aber das lassen wir lieber, denn ganz ehrlich: Vor einem Jahr führten wir in der „Presse am Sonntag“ Salzburgs David Brenner an.

rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2012)

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