Leitartikel: Land der Tollpatsche, fettnäpfchenreich

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Maria Fekters Verhandlungsstrategie zur Bewahrung des Bankgeheimnisses mache Österreich zur Lachnummer. Fürchtet der Bundeskanzler. Und hilft kräftig mit.

Michael Häupl scheint sehr am Verbleib Maria Fekters in der Bundesregierung gelegen zu sein. Er bezeichnete die sprachoriginelle Oberösterreicherin als letzte neoliberale Gralshüterin. Das ist zwar zu viel der Ehre, aber eine derart dezidierte SPÖ-Ablehnung hilft wenigstens, wenn sogar die Kollegen aus dem Wirtschaftsbund ihre Vertreterin im ÖAAB-Regierungsteam im Stich lassen. Schon zuvor hatte der Bundeskanzler genervt und beinahe im Stil eines strengen Regierungschefs Maria Fekter abgemahnt.

Was war passiert? Hatte die Finanzministerin gemäß ihrer Aufgabe das Aus für das Bankgeheimnis der Steuereintreibung angekündigt und so den wirren Ja-nein-ein-bisschen-Kurs in dieser Frage endgültig konterkariert? Oder hatte sie im Gegenteil mit scharfen Attacken gegen Brüssel und Berlin die Steuerinsel der Seligen gerettet und so den „glühenden Europäer“ Faymann vor den Kopf gestoßen? Nichts dergleichen.

Maria Fekter hat ziemlich genau das getan, was Faymann und Harmonie-Vizekanzler Michael Spindelegger seit Wochen tun: die Frage des Bankgeheimnisses als Wahlkampf-Spin für eigene Zwecke zu verwenden und sich inhaltlich möglichst wenig festzulegen. Kampf gegen Steuersünder da, Schutz der Privatsphäre beim Geldanlegen für österreichische Unschuldslämmer dort. Konsequente, im Idealfall schlaue Steuer- und Finanzhoheit würde Erstes verunmöglichen, konsequente Überwachung aller potenziellen Steuervermeider das Zweite, aber das muss ja keiner wissen.


Schwere Sünde. Die schwerste Sünde aus Sicht des SPÖ-Kanzlers: eine inhaltliche EU-Positionierung in Briefform an Medien zu spielen! Ohne den SPÖ-Chef als eigentlichen Auftraggeber! Sondern nur als potenziellen Mitverfasser. Schlimmer kann man Faymann nicht demütigen, als vermeintliche Forderungen des Boulevards ohne ihn ebendort zu deponieren. Fekter hatte Glück, nicht sofort demissionieren zu müssen. Es folgten einige harte Verhandlungen, dann musste Fekter nachgeben, sich zurückziehen und der Großteil des Fekter-Briefes wurde als Kompromiss von Faymann und Spindelegger „verkauft“, wie die Pressesprecher der Regierung die Kommunikation sogenannter Erfolge nennen. Inhaltlich bleibt die Position weiter lächerlich: Ausländer haben kein Anrecht mehr auf Diskretion oder Geheimhaltung, es dürfte weniger Geld nach Österreich fließen. Die Inländer hingegen dürfen weiter auf Privatsphäre hoffen. Faymann spricht von sich mittlerweile schon völlig ironiefrei als Schützer der Großmütter.

Wenn Geschwister miteinander streiten, dass der jeweils andere mit Zwicken, Beißen und Schimpfen begonnen habe, ist es schwierig zu erklären, dass die Diskussion erstens kleinlich, der Sachverhalt zweitens nicht mehr rekonstruierbar sei und es die Chancen für Freundlichkeiten vonseiten der Eltern nicht steigere.

Aber es ist sehr leicht im Vergleich zur Verständlichmachung einer simplen Botschaft an SPÖ und ÖVP: So gewinnt man keine Wähler. So gewinnt man keine Verhandlungen mit Brüssel. So verliert man immer weiter. In Tirol, Salzburg, überall.



rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2013)

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