Die neuen Steuern sind längst beschlossene Sache

Wir haben es mit Politikern zu tun, die es sich im System gemütlich gemacht haben. Und zahlen auch den Preis dafür. Warum hören wir nicht auf, sie dafür zu belohnen?

Ein komischer Kauz mag er sein, dieser Frank Stronach. Vielleicht schon etwas alt, vielleicht mit einem Hang zur Exzentrik. Zuhören ist nicht seine Stärke und ja, zum einen oder anderen Thema – Beispiel: Gesamtschule – könnte seine Position noch etwas Feinschliff vertragen. Aber mit einer Kritik trifft er den Punkt, und damit den Nerv vieler Menschen: Wir haben es in der Politik mit Menschen zu tun, die es sich im System gemütlich gemacht haben. Einem System, in dem man sich zwecks Machterhalt Wählerstimmen ungeniert mit Steuerzahlergeld erkauft.

Das haben SPÖ und ÖVP erst kürzlich wieder mit ihrem Familienpaket unter Beweis gestellt: 300 Millionen Euro neue Ausgaben pro Jahr sind damit schon einmal beschlossen, sollte die Große Koalition nach der Wahl fortgesetzt werden. Mit ein paar Euro mehr Familienbeihilfe pro Kind mögen ein paar Stimmen gesichert sein – eine Zukunftsinvestition ist das nicht. Als besonders unglaubwürdig tat sich dabei die ÖVP hervor: Von einer steuerlichen Entlastung der Familien, mit der sie in die Wahlschlacht gezogen ist, fehlt im Familienpaket nämlich jede Spur.

Aber gut, neuerdings gibt man sich zumindest halbwegs offen: Steuersenkungen seien „seriöserweise“ nur bei einem ausgeglichenen Budget möglich, sagte Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger kürzlich im Interview mit dieser Zeitung. Ein ausgeglichenes Budget wird es laut Plan nicht vor 2016 geben. Die Österreicher können sich also jede Vergünstigung des Faktors Arbeit in die Haare schmieren: Sie wird nicht kommen. Und bitte auch die Ankündigung für die Zeit nach 2016 nicht allzu ernst zu nehmen: Denn es glaubt wohl niemand tatsächlich, dass das Budget bis dahin ausgeglichen sein und ab 2017, wie vorgesehen, Überschüsse abwerfen wird.

Dafür, dass es dazu nicht kommt, sorgt dann schon die jeweilige Regierung. Denn die Schulden sind in den letzten Jahren ja nicht deshalb weitergestiegen, weil es der österreichischen Wirtschaft so schlecht ging. Die hat zwar schon bessere Zeiten gesehen, im Vergleich zu vielen anderen Ländern in der EU florierte sie aber nahezu. Der Schuldenberg wächst trotzdem. Denn sobald die Einnahmen etwas höher sind, findet sich flugs auch schon ein Grund, das Geld wieder auszugeben. Sei es für die Familien oder die Bauwirtschaft. Und die Budgetsanierung ist wieder verschoben.

Wieder einmal wird uns versprochen, dass nach der Wahl alles besser wird – ganz nach dem Motto: Dann legen wir los. Die ÖVP will die Gebührenbremse, sträubt sich verbal gegen neue Steuern und findet es „dringend notwendig“, in Österreich Veränderungen herbeizuführen. Die SPÖ verspricht, in „stürmischen Zeiten mit sicherer Hand“ um jeden Arbeitsplatz zu kämpfen.

Aber wie? Bei dieser Abgabenquote überlegt sich doch jeder Unternehmer dreimal, ob er einen zusätzlichen Mitarbeiter einstellen soll. Und jeder Beschäftigte, ob er sich mit Fleiß um ein höheres Einkommen bemühen soll. Weil am Ende kaum etwas davon übrig bleibt. Die SPÖ sagt auch nicht dazu, dass die „Millionärssteuer“ nichts anderes ist als ein zusätzliches Belastungsprogramm für die Mittelschicht. Spätestens seitdem klar ist, dass Hauptwohnsitze nicht ausgenommen werden sollen.

Seit Jahren hören wir immer das Gleiche: Diese Ausgabe noch, es ist ja Krise. Ein paar Jahre noch Schulden machen, dann greifen wir durch. Bald zeigen wir, was wir können.

Die Wahrheit ist: Das wird nicht passieren. Zumal die Konjunktur – anders als in den letzten drei Jahren – nun tatsächlich einbricht und damit wohl auch die Steuereinnahmen. Und die Ausgaben von heute sind nun einmal die Schulden von morgen und die Steuern von übermorgen.

Die SPÖ ist nicht die Partei der Arbeit und die ÖVP nicht die Partei der Leistungsträger. Wenn die nächste Wahl vor der Tür steht, ist sich eben jeder Funktionär selbst der Nächste. Das Überraschende ist ja auch nicht, dass die Parteien nicht halten, was sie versprechen – und das wohl auch in Zukunft nicht tun werden. Sondern, dass sie von den Wählern bisher immer wieder dafür belohnt wurden.

E-Mails an: jeannine.hierlaender@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2013)

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