Ein politisch verbocktes Jahrhundertdebakel

Die Abwicklung der Hypo Alpe Adria wird jeden Österreicher bis zu 1400 Euro kosten. Ist es da zu viel verlangt, auf eine lückenlose Aufarbeitung zu drängen?

Jetzt haben wir es sozusagen EU-amtlich: Die mit Abstand teuerste Pleite der Zweiten Republik, die Abwicklung der früheren Kärntner Landesbank Hypo Alpe Adria, wird die österreichischen Steuerzahler 11,7 Milliarden Euro kosten. Also gut: bis zu 11,7 Milliarden. Aber wenn man weiß, was da noch alles in den Kellern herumliegt und wenn man erfährt, dass die Osteuropa-Töchter der Katastrophenbank (beispielsweise die in Serbien) keineswegs so besonders „verkaufsgünstig“ aufgestellt sind, dann wird man nicht weit danebenliegen, wenn man prophezeit: Allzu viel billiger wird es wohl nicht.

Bis zu 11,7 Milliarden (oder etwas mehr als 1400 Euro pro Österreicher) ist ein recht geschmalzener Betrag für eine Bank, die zu ihren besten Zeiten gerade einmal 40 Mrd. Euro Bilanzsumme hatte. Ein Jahrhundertdebakel, gegen das die große Verstaatlichtenkrise der Achtzigerjahre (die nicht eine mittelgroße Bank, sondern den größeren Teil der heimischen Großindustrie mit einem Produktionsvolumen von 20 Prozent des BIPs umfasst hat) direkt putzig aussieht.

Damit liegt das Drohpotenzial endlich einmal auf dem Tisch, und die Zeit der vorwahlkampfbedingten Beschönigungen ist vorbei. Jetzt kann man dann langsam mit der bisher weitgehend ausgebliebenen politischen Aufarbeitung des Skandals beginnen. Denn die Hypo-Pleite ist nicht einfach wie eine Naturgewalt über Kärnten und Österreich hereingebrochen. Sie ist von einer absolut unverantwortlichen, inkompetenten und größenwahnsinnigen Landespolitik verursacht worden.

Dass die Hypo – was normalerweise deutlich billiger gewesen wäre – nicht einfach in Konkurs geschickt werden konnte, hat nämlich einen einzigen Grund: irre Landeshaftungen, die auf dem Höhepunkt 24 Mrd. Euro (also das 12-Fache des Landesbudgets) ausgemacht haben und die jetzt noch immer über 14Mrd. Euro liegen. Diese wären im Fall einer Bankinsolvenz schlagend geworden. Nicht zur Gänze, weil vorher noch der Hypo-Haftungsverbund herangezogen worden wäre, was die anderen Landeshypos und die an mehreren Hypos beteiligte Raiffeisengruppe etwas mehr als eine Milliarde gekostet hätte. Für mehr als 20 Mrd. Euro hätte aber Kärnten gehaftet. Und dann hätten wir nicht eine Bad Bank, sondern eine Bad Province für ein Pleitebundesland gebraucht. Vielleicht sogar eine Bad Republic, weil Österreich dann im Krisenjahr 2009 wohl noch vor Griechenland ein Rettungsschirmkandidat gewesen wäre. Viele Alternativen zur Notverstaatlichung hat man also wohl nicht gehabt.

Im Gegensatz zu den Märchen, die jetzt viele Beteiligte zu erzählen versuchen, lag diese Haftung (was man in den Geschäftsberichten der Hypo nachlesen kann) nämlich immer beim Land Kärnten. Dieses hat also mehrere Jahre lang auch mit mehr als 20 Milliarden für eine bayerische Bank gehaftet. Die Bayern waren dagegen relativ komfortabel dran: Der Eigentümer einer AG haftet nun einmal nur mit seinem AG-Anteil. Die Bank wäre zwar weggewesen, gezahlt hätten aber österreichische Steuerzahler.

Der Spiritus Rector dieses Irrsinns, Jörg Haider, weilt nicht mehr unter uns. Wohl aber einige seiner Helfershelfer. Zwei davon, die BZÖ-Granden Stefan Petzner und Josef Bucher, die in der fraglichen Zeit hohe Positionen in Haiders FPÖ/BZÖ-Reich hatten, machen sich jetzt pikanterweise sogar besonders wichtig, statt sich still zu schämen.

Die teuerste Pleite in der Geschichte der Republik ist also zuallererst einmal ein BZÖ/FPÖ-Skandal. Freilich: Allein hätten das die Blau-Orangen nicht gestemmt. Sie hatten in Kärnten ja nie eine absolute Mehrheit. Das Haftungsgesetz (mit unbegrenztem Rahmen!) wurde im Landtag einstimmig beschlossen – und SPÖ und ÖVP spielten abwechselnd Steigbügelhalter für die Haider-Truppe. Insofern sieht es jetzt also ein bisschen unterirdisch aus, wenn sich diese drei Parteien in Sachen Hypo gegenseitig beflegeln.

Was wir jetzt brauchen, ist keine politische Schlammschlacht, sondern eine lückenlose Aufarbeitung, die auch politische Konsequenzen haben muss. Denn dass ein paar wild gewordene Landespolitiker einen derartigen Schaden anrichten können – das darf in diesem Land nicht mehr passieren.

E-Mails an:josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2013)

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