Herrn Klugs Sinn für den falschen Zeitpunkt

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Herrn Klugs Sinn fuer(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Philipp Brem)
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Um sich im Wahlkampf wichtigzumachen, schlug Verteidigungsminister Klug seinem US-Kollegen vor, eine österreichische ABC-Einheit nach Syrien zu schicken. Aber erst, wenn der Krieg vorbei ist.

Unterbeschäftigt ist Chuck Hagel im Moment sicher nicht. Seit Tagen brütet der US-Verteidigungsminister wohl über Angriffspläne gegen Syrien, geht Ziellisten durch, versucht vorwegzunehmen, wie das syrische Regime und dessen Verbündete in der Region die bevorstehenden Militärschläge vergelten könnten. Doch berücksichtigt er alle Eventualitäten, denkt er wirklich weit genug? Da flattert gerade noch rechtzeitig ein Brief des renommierten Meisterstrategen Gerald Klug auf den Schreibtisch des Pentagon-Chefs. In dem Schreiben zwingt der österreichische Verteidigungsminister seinen US-Amtskollegen allein kraft seiner argumentativen Brillanz, sich von kurzfristigen militärischen Überlegungen zu befreien und einen anderen gedanklichen Horizont abzuschreiten.

Am Vorabend der Militäraktion gegen Syrien stimmt Gerald Klug den Verteidigungsminister der Supermacht auf den Tag ein, an dem eine politische Lösung gefunden und Frieden eingezogen ist ins Bürgerkriegsland. Dann, und nur dann, soll sich eine österreichische ABC-Abwehreinheit, gedeckt durch ein Mandat der UNO, todesmutig auf die befriedeten Schlachtfelder werfen, um die syrischen Chemiewaffen unschädlich zu machen. So lautet der Vorschlag, den der Verteidigungsminister nun Chuck Hagel in einem Brief unterbreitet hat.

Es zeugt von Großherzigkeit, dass Klug seine Hilfe und Weitsicht anbietet. Trotzdem ist der Zeitpunkt befremdlich, den der stramme Ex-Bundesrat für seinen postalischen Vorstoß gewählt hat. Im Mittelpunkt der Diskussion steht jetzt die Frage, wie die Welt auf einen massiven Einsatz von Chemiewaffen in Syrien reagieren soll. Zudem zerbrechen sich kluge Köpfe seit zwei Jahren dieselbigen, wie der blutige Bürgerkrieg in Syrien beendet werden könnte. Bis dato ist jedoch noch keinem eingefallen, wie die viel geforderte politische Lösung aussehen und vor allem umgesetzt werden könnte. Und da kommt Klug und präsentiert einen Detailplan zur Entsendung 20 österreichischer Chemiewaffenexperten für den Tag danach.

Mindestens ebenso seltsam erscheint, dass der Brief an Hagel gerichtet ist und nicht an die UNO, die gegebenenfalls eine solche Mission organisieren müsste. Die Erklärung des Ministers dafür überzeugt wenig: Sein Vorgänger Norbert Darabos habe die Aktion im Oktober in Washington auch schon einem US-Verteidigungsminister vorgeschlagen, Leon Panetta. Sich zweimal an den Falschen zu wenden, macht den Adressaten nicht richtiger und verdeutlicht obendrein, dass die Idee nicht originell ist.


Initiativ. Nun könnte man einwenden, dass Klug im Gegensatz zum Außenminister, dem zu Syrien bisher nicht viel mehr eingefallen ist, als insgesamt gerade einmal 500 Kinder, Frauen und Christen aus Syrien aufzunehmen, wenigstens initiativ wird. Doch da stellt sich die Frage, ob es nicht besser ist, gar nicht aufzufallen als schräg.

Außenpolitisch gibt diese Bundesregierung jedenfalls ein ärmliches Bild ab: ohne Leidenschaft, ideenlos, fast schon isolationistisch. Vor 14 Jahren, beim Kosovo-Krieg, erteilte Österreich zwar keine Überfluggenehmigungen, hieß jedoch die Nato-Intervention prinzipiell gut, die wegen des russischen Njet ohne Segen der UNO erfolgte. In Vilnius fragte US-Außenminister Kerry seinen österreichischen Kollegen nun, ob er einem Syrien-Militärschlag zustimmen würde, wenn ihm eindeutige Beweise vorlägen, dass das Regime Assads für die Chemiewaffenangriffe verantwortlich ist. Michael Spindelegger blieb rigoros: Österreich könne nur bei einem UN-Mandat mitziehen. Damit macht er die Haltung der Republik von Russlands Interessen abhängig. Aus Konzeptlosigkeit und mangels Mut fällt dieses Land in einen formalistischen rechtspositivistischen Neutralismus zurück. Und natürlich, weil die Wahl naht, was auch den größten außenpolitischen Fehler der jüngsten Zeit erklärt: den Abzug vom Golan. Auch darauf drängte übrigens ein gewisser Herr Klug – unter passiver Mithilfe Spindeleggers.

christian.ultsch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2013)

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