Die Staubsaugervertreter aus Brüssel

Die EU-Kommission macht mit dem Verbot energiefressender Elektrogeräte denselben fatalen Fehler wie bei den Glühbirnen. Sie entmündigt ihre Bürger.

In meiner Kindheit kamen sie noch zu uns nach Hause – die Staubsaugervertreter. Sie priesen die Leistung, die Ausstattung und Verarbeitung von Elektrolux und Co. an. Es war ein mühevolles Geschäft, dem diese Männer nachgingen.

Heute haben die „Vertreter“ der Staubsaugerindustrie andere Ideen, ihre Waren an die Frau und nun auch an den Mann zu bringen. Sie sorgen via Lobbying in Brüssel dafür, dass die Konsumenten auf neue, energieeffiziente Geräte umsteigen müssen. Sie sind dieser Tage auch jene, die sich am zufriedensten mit einer neuen Vorgabe der EU-Kommission zeigen, wonach Staubsauger ab 2014 nicht mehr als 1600 Watt Leistung haben dürfen. Und sie rechtfertigen dies mit dem positiven Effekt für die Umwelt. Erst recht, wenn 2017 nur noch Staubsauger mit einer Maximalleistung von 900 Watt verkauft werden dürfen.

Vordergründig ist eine erzwungene Energieeffizienz leicht zu rechtfertigen: Weniger Watt bedeuten weniger Verbrauch, weniger Stromverbrauch bedeutet weniger CO2-Ausstoß. Kein Wunder also, dass die EU-Kommission nun Statistiken hervorholt, wonach der Schadstoffausstoß durch das Verkaufsverbot für stromfressende Elektrogeräte erheblich sinken werde.

Aber es geht hier um mehr: Die EU-Kommission ist wegen mancher absurder Überregulierungen bereits in Erklärungsnotstand und macht nun denselben fatalen Fehler. Im Fall des Verkaufsverbots für Glühbirnen etwa hat sich gezeigt, dass in der ersten Phase nicht die Umwelt davon profitiert hat, sondern lediglich die Hersteller. Sie konnten ihre kaum vermarktbaren Sparlampen plötzlich zu überhöhten Preisen an den gegängelten Konsumenten bringen. Dass sich die Produktion und Entsorgung der quecksilberhaltigen Lampen weit weniger umweltfreundlich gestaltete als bei den herkömmlichen Glühbirnen, wurde bald publik, änderte aber am Verkaufsverbot nichts mehr. Die wirklich umweltfreundlicheren LED-Lampen kamen erst später auf den Markt und konnten die EU-Bürger mit dieser Gängelung nicht mehr versöhnen.

Ist es wirklich der richtige Ansatz, Energiesparen auf diese Weise zu verordnen, den Menschen vorzuschreiben, was sie kaufen dürfen und was nicht? Umweltbewusste Lebensweisen sind sinnvoll, sie bedingen aber ein ausreichendes Verantwortungsbewusstsein bei den Konsumenten. Und das kann nicht verordnet, sondern muss erlernt werden. Nur wer dazu motiviert wird, sich mit den positiven Auswirkungen von energieeffizienten Elektrogeräten zu beschäftigen, wird sein Kaufverhalten ändern. Die Hinweise auf den Geräten, wie viel sie jährlich an Strom verbrauchen, ihre Energieeffizienzklassen, all das ist sinnvoll und trägt bereits zu mehr Übersicht bei.

Wer wie EU-Kommissar Oettinger die neuen Regelungen verteidigt, geht hingegen von einer gefährlichen Prämisse aus: dass die Konsumenten nämlich schlicht zu dumm sind, verantwortungsvoll zu handeln. Gefährlich ist das insbesondere mitten in einer Krise, in der es auch darum geht, den EU-Bürgern notwendige Einschnitte in ihren bisherigen Wohlstand zu vermitteln. Solche Entscheidungen treiben einen Keil zwischen europäische Politik und Bevölkerung.


Will die EU glaubwürdig werden, muss sie ihre Bürger wieder ernst nehmen. Das funktioniert aber nur über eine Änderung ihrer Prioritäten – weg von der umfassenden Bevormundung und hin zum Angebot von Lösungen. Umfragen der jüngsten Zeit haben belegt, dass die EU-Bürger von den Gemeinschaftsorganen stärkere Anstrengungen verlangen, einen neuerlichen Ausbruch der Finanz- und Schuldenkrise zu verhindern. Das ist nicht abwegig, weil viele der Ursachen dieser Krise wie im Bankensektor oder auf dem Finanzmarkt tatsächlich europaweit gelöst werden müssen. Die Menschen verlangen aus gutem Grund dort mehr gemeinsames Vorgehen, wo das notwendig und sinnvoll ist. Aber sie werden für die EU kaum noch Verständnis aufbringen, wenn stattdessen in ausufernder Weise in ihr tägliches Leben eingegriffen wird.

E-Mails an: wolfgang.boehm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2013)

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