Die Verhandlungskünstler aus der Himmelpfortgasse

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Eine Insolvenz der Hypo Alpe Adria brächte einige Risken mit sich. Sie bisher komplett auszuschließen war jedoch das Dümmste, was man machen konnte.

Stellen Sie sich vor, ein Bekannter schuldet Ihnen Geld. Er kommt zu Ihnen und sagt, er habe so hohe Schulden, dass er sie nicht in vollem Ausmaß begleichen könne. Sie mögen doch bitte teilweise auf Ihre Forderungen verzichten, so erhielten Sie zumindest einen Teil zurück. Neben ihm stehen jedoch seine Eltern und meinen, sie würden ihren Sohn keinesfalls pleitegehen lassen. Wenn er Geld brauche, würden sie es ihm geben. Würden Sie auf einen Teil Ihres Geldes verzichten? Die Antwort wird wohl „Nein“ lauten.

Genau so stellt sich bisher die Situation für die Gläubiger der Hypo Alpe Adria dar. Das Institut ist seit der Notverstaatlichung im Jahr 2009 de facto pleite und kann seine Schulden nicht begleichen. Für die Zeichner der Anleihen – vor allem Finanzinstitute, der Großteil davon im Ausland – ist dies bisher aber kein so gravierendes Problem. Denn im zuständigen Finanzministerium in der Himmelpfortgasse lehnte man eine Insolvenz der Bank bislang rigoros ab. Wenn am Wörthersee der finanzielle Hut wieder einmal lichter brannte, schickte man lieber ein paar hundert Steuerzahlermillionen zum Löschen. So läuft das nun bereits seit vier Jahren.


Dass die Insolvenz – zumindest hinter vorgehaltener Hand – nun nicht mehr komplett ausgeschlossen wird, ist daher die erste gute Nachricht zum Thema Hypo seit Langem. Freudenschreie sollten die heimischen Steuerzahler aber dennoch weiterhin unterdrücken. Denn die Bank wird sie in jedem Fall Milliarden kosten. Mit ein bisschen Glück aber ein paar weniger, als bisher erwartet wurde.

Bedanken für das Debakel können die Steuerzahler sich – das sollte an dieser Stelle nie vergessen werden – bei Kärnten oder besser gesagt: bei der ehemaligen blau-orangen Kärntner Landesregierung unter Jörg Haider. Diese hat Milliardenhaftungen in einer Höhe übernommen, die das Land allein nie stemmen kann. Daraus folgend lautete die offizielle Lesart bisher: Eine Insolvenz der Hypo würde Kärnten mit sich reißen und sei daher ausgeschlossen.

Dass dem nicht ganz so sein muss, zeigen die Ideen, die über eine republikeigene Zeitung in jüngster Zeit ventiliert werden. So könnte Kärnten mit einem Darlehen des Bundes über 50 Jahre sogar gänzlich vor der Pleite gerettet oder diese zumindest durch einen Tausch der Kärntner Haftungen gegen Bundesanleihen abgefedert werden. Entscheidend wäre in all diesen Szenarien aber eines: Bevor der Steuerzahler zum Handkuss kommt, müssten zuerst einmal die Investoren ihren Teil übernehmen – in Form eines Schuldenschnitts. Und zu diesem wären sie nur bereit, wenn das Pleiteszenario auch realistisch ist.


Von den Gegnern einer möglichen Insolvenz werden auch andere Gründe ins Treffen geführt. So gäbe es etwa das Risiko, dass sich das Rating anderer Hypos, der Bundesländer oder sogar des Bundes selbst verschlechtere. Und die Folgekosten dieser Ratingverschlechterung würden die Vorteile des Schuldenschnitts überwiegen, heißt es. Wie groß diese Risken wirklich sind, ist aber unklar. So zeigten ähnlich gelagerte Beispiele aus dem Ausland, dass es oft keine Verschlechterungen von Ratings in der Folge gab. Und da etwa bei Standard & Poor's der verantwortliche Analyst ein gebürtiger Oberösterreicher ist, kann man getrost annehmen, dass auch US-Ratingagenturen den Sonderfall Kärnten realistisch einzuschätzen wissen.

Ob die – zumindest angedrohte – Insolvenz wirklich die günstigste Lösung wäre, muss sich noch weisen. Klar ist, dass bei allen Alternativen ausschließlich die Steuerzahler zur Kassa gebeten werden. Denn auch die „freiwillige“ Beteiligung anderer Banken, wie von der Regierung favorisiert, würde ja eine Umleitung der bereits fix budgetierten Bankenabgabe zur Hypo bedingen. Und dass entfallene Einnahmen gleichbedeutend mit zusätzlichen Ausgaben sind, dürfte man auch im Finanzministerium wissen.

Bei der Hypo wurden seit der Notverstaatlichung aus falschen Beweggründen (Schielen auf das Maastricht-Defizit, Wahlen) bereits viele falsche Entscheidungen getroffen. Es wäre nun an der Zeit, endlich an der besten Lösung für die Financiers dieses Staates zu arbeiten.


E-Mails an:jakob.zirm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2014)

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