Die Lehren aus dem großen Bankraub

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THEMENBILD: HYPO ALPE-ADRIA-BANK KLAGENFURT(c) APA/GERT EGGENBERGER (GERT EGGENBERGER)
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Jeden Österreicher kostet das völlige Versagen der Akteure im Hypo-Alpe-Adria-Desaster mehr als 2000 Euro. So etwas darf nie wieder passieren.

Wir wissen unterdessen, wer den größten Bankraub der heimischen Wirtschaftsgeschichte initiiert hat: die freiheitlichen Panzerknacker (kurz: FPK) unter Räuberhauptmann Jörg Haider. Dass die roten und schwarzen Landespolitiker (per Mehrheitsbeschaffung im Landtag) dabei sozusagen abwechselnd Schmiere gestanden sind, macht die Sache um nichts besser.

Wir wissen jetzt auch, dass die Nationalbank als Bankenprüfer völlig ungeeignet ist. Ihr Prüfbericht von 2008, der der bereits bedenklich wackelnden Hypo Alpe Adria ein „weitgehend bereinigtes Kreditportfolio“ bescheinigt und das Prädikat „Not distressed“ verpasst hat, ist ein klassischer Fall von Totalversagen. Da niemand annimmt, dass es den OeNB-Bankenprüfern an Expertise mangelt, wird der Bericht wohl politisch geschönt gewesen sein. Ein Vorgang, der in dieser Proporzinstitution offenbar auch jetzt noch Methode hat: Gestern war auf der OeNB-Website jedenfalls noch immer eine freundliche Prognose über 73,7Prozent Staatsverschuldung im Jahr 2014 zu finden. Ich sage, es werden zum Jahresende um die 84 Prozent des BIPs sein, und biete jedem einzelnen OeNB-Volkswirtschaftler eine Wette über eine Kiste vom Feinsten an, dass ich damit deutlich näher an der Realität liegen werde. Dass mit Nowotny und Liebscher ausgerechnet zwei Notenbanker bei der Totalübertragung der Hypo-Miesen von den Gläubigern auf die Steuerzahler entscheidende Rollen gespielt haben, gehört so gesehen zu den satirischen Feinheiten dieses Skandals.

Wir wissen jetzt weiters, dass auf Schuldenverstecken konditionierte Koalitionsregierungen im Umgang mit Finanzskandalen so agieren, dass man ihnen freiwillig den Hilflosenzuschuss zuerkennen möchte. Die jetzige Lösung hätten wir jedenfalls auch schon 2009, spätestens aber 2010 haben können. Nur halt um ein paar Milliarden billiger. Und wie die bisher drei Finanzminister seit der Notverstaatlichung die Bayern, denen man durchaus Mittäterschäft vorwerfen kann, aus der Verantwortung entlassen haben, ist ja auch ein Lehrstück an politischer Feigheit. Einfach zum Abwäh..., äh, Abgewöhnen. Schlussendlich wissen wir auch, wer diesen Pallawatsch unschuldigerweise bezahlen wird: Mehr als 2000 Euro werden jedem Österreicher unter dem Titel Hypo-Abwicklung aus der Tasche gezogen, eine vierköpfige Familie wird also mit 8000 bis 9000 Euro belastet.

Was wir noch nicht wissen, ist, wie wir so einen finanziellen Super-GAU künftig verhindern können. Denn wirkliche Konsequenzen gibt es im Lande ja noch nicht.

Dass es wohl nicht mehr ganz so schlimm kommen kann, verdanken wir ausschließlich der EU: Sie hat 2007 die aberwitzigen Haftungen der Bundesländer für ihre Hypos abgedreht und damit Schlimmeres verhindert. Kärnten ist ja kein Einzelfall. Auch Bundesländer wie Tirol, Vorarlberg oder Wien haften noch immer für Summen, die sie im Ernstfall nie und nimmer stemmen könnten. Und die EU ist dabei, wenigstens die Großbankenprüfung bei der EZB zu konzentrieren. Damit sollte es zumindest nicht mehr möglich sein, dass Bankenprüfer vor einem Provinzfürsten kuschen.

Was uns weiterhin fehlt: Es gibt keine vernünftige Insolvenzordnung für Großbanken, und es gibt keine Insolvenzordnung für Gebietskörperschaften. Solange man ein Land, das sich auf kriminelle Weise finanziell übernimmt, nicht geordnet in Konkurs schicken und eine Zeit lang unter Kuratel stellen kann, so lange werden auch lokale Tollheiten wie etwa die vergangenen Hypo-Haftungen nicht zu verhindern sein.


Und so lange werden wir uns von sogenannten Experten auch Unsinn wie diesen anhören müssen: Man könne eine Bank samt Bundesland nicht einfach steuerzahlerschonend in Konkurs schicken, weil das unkontrollierbare Auswirkungen auf die Bonität des Landes habe. Bullshit, würden die Amerikaner sagen. Sie haben seit Beginn der Finanzkrise mehr als 500 Banken sowie ein paar Städte (etwa Detroit) und Bundesstaaten (etwa Minnesota) pleitegehen lassen, ohne dass auch nur irgendetwas passiert wäre. Trauen muss man sich halt.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2014)

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