Vom Gefühl, im falschen Land zu sein

The headquarters of nationalised Hypo Alpe Adria is pictured behind a traffic sign in Klagenfurt
The headquarters of nationalised Hypo Alpe Adria is pictured behind a traffic sign in KlagenfurtREUTERS
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Der Politik fehlt im Hypo-Alpe-Adria-Fall jeder Realitätssinn. Sollte Kärntens Hypo-Fonds unangetastet bleiben, wäre der Gipfel der Frechheit erreicht.

Trifft man dieser Tage auf Spitzenpolitiker der beiden Koalitionsparteien, schreitet man schon bei der Begrüßung durch ein Tor ins Paralleluniversum. In dieser anderen, einer freundlich-harmlosen Welt erklingen nur einschläfernd beruhigende Sätze. Etwa, dass die Abdeckung des Hypo-Alpe-Adria-Schuldenbergs auf ungefähr 20 Jahre gerechnet kein so großes Problem darstelle. Oder dass – dem neuen offiziellen Staatsoptimismus folgend – die Wirtschaftsprognosen sicher schlechter seien als die rosige Zukunft und bald wieder zusätzliches Geld hereinkomme. (Auch das wäre schon verplant, aber diese Widerrede bleibt ungehört.)

Und weiter: Dass vielleicht noch unentdeckte Vermögenswerte in der Wrack-Bank zu finden seien. Dass natürlich alles nur und ausschließlich die FPÖ unter Jörg Haider zu verantworten gehabt habe, SPÖ- oder ÖVP-Politiker daher auch nichts dazu sagen müssten oder könnten. Und selbst wenn sie dies täten, nichts sagen dürften, da alles noch im Fluss und riskant sei. Und am Schluss die larmoyante Klage: Woher diese feindliche, aggressiv-hysterische Stimmung der Medien gegen die Staatsspitze rühre? Ist doch alles irgendwie absehbar gewesen. Willkommen im Ballhausplatz-Wonderland.

Stimmt schon, unser Wirtschaftsjournalist des Jahres, Josef Urschitz, beschreibt seit Monaten die fast täglich neuen Windungen dieser Spirale nach unten. Ihm und vielen Beobachtern war klar, dass die durch Bankenabgaben schwer verärgerte Branche nicht Hurra schreiend eine Bad Bank finanzieren und am besten auch gleich technisch abwickeln würde. Monatelang wiesen diese Zeitung und andere auf das immer größer werdende ungelöste Hypo-Alpe-Adria-Problem hin und prognostizierten ein Fanal. Nun ist es so weit, unser Aufschrei kommt mit Vorwarnung.

Nur ganz schnell zur Erinnerung: Bis zu 2000 Euro zahlt jeder in diesem Land für das Desaster einer Landesbank, die von Jörg Haider verkauft und in der Not später wieder verstaatlicht werden musste. Das will und kann keiner verstehen. Aber das ist die Realität, mit der das Kabinett Faymann II sein erstes Jahr beginnt. Die möglichen Folgen einer Pleite, die natürlich ebenfalls einiges kosten würde, sind übrigens im Gegensatz zu dem, was Werner Faymann sagt, nicht nur in Kroatien, sondern vor allem in Österreich zu spüren: Kärnten hängt mit seinen Landeshaftungen drinnen. Der Kanzler will offenbar seinen Landesparteichef, Peter Kaiser, schonen, der das schwere Erbe Haiders angetreten hat. Aber, und das ist die entscheidende Frage: Warum sollen alle Steuerzahler für ein einzelnes Bundesland haften, dessen ehemalige Regierung Malversationen betrieben hat? Dafür gibt es keinen Grund. Und vor allem: In Kärnten gibt es noch immer den mit Zähnen und Klauen verteidigten Zukunftsfonds. Oder nennen wir ihn besser Hypo-Fonds. Immerhin flossen da die Erlöse des Verkaufs der Landesanteile hinein: 500 Millionen Euro liegen dort. Das ist zwar nur ein kleiner Teil des Hypo-Alpe-Adria-Finanzbedarfs, aber ein geradezu zwingender Beitrag dazu. Dass dies die Kärntner Landesregierung nicht von selbst anbietet, ist leider einfach schäbig. Das Land müsse sein Kernvermögen schützen, meinte jüngst Finanzlandesrätin Gaby Schaunig-Kandut, als in einem anderen Zusammenhang Begehrlichkeiten in Richtung Fonds formuliert wurden. Nein, das Land muss seine Schuld begleichen.


Was wir gerade erleben und erdulden müssen, könnte als gefährlicher Präzedenzfall in die Geschichte eingehen: Der gesamte Staat muss nicht nur für die Fehler und möglichen Finanztricks früherer Politiker eines Bundeslandes und deren Bankmanager einspringen. Wieso gibt es eigentlich keine Politikerhaftung? Die Investoren und Anleihenverkäufer, die mit der Hypo absichtlich ein hohes Risiko eingegangen sind, machen Kassa, die Steuerzahler müssen das finanzieren. Nur ein Hypo-Konkurs würde das verhindern.

Gegen Österreich lässt sich demnach auf dem Finanzmarkt leicht wetten. Wir sind blöd genug, alles zu bezahlen. Und: Jede noch so absurde Bank mit noch so absurder Strategie kann – so die Größe stimmt – darauf hoffen, risikolos zu spekulieren. Diese Regierung wird von Sozialdemokraten und der Volkspartei gebildet. Noch fünf Jahre.

E-Mails an:rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2014)

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