Niemand von SPÖ, ÖVP oder FPÖ kann den ersten Stein werfen

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THEMENBILD: HYPO ALPE-ADRIA-BANK(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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In Kärnten haben alle Parteien eifrig bei der Hypo Alpe Adria mitgenascht, und in Wien hat man die „Sanierung“ ordentlich in den Sand gesetzt.

Man kann Michael Spindelegger viel vorwerfen. Er hat, entgegen allen Wahlversprechen, Steuererhöhungen mitgetragen; es gibt von ihm keine großen Ansätze, bei Staatsausgaben zu sparen; damit seine Partei endlich Ruhe gibt, hat er teure Zugeständnisse an die Wirtschaftskammer gemacht. Eines aber kann man dem Finanzminister nicht vorwerfen: Mitverantwortung am Hypo-Desaster.

Der ÖVP-Chef kommt zum teuersten politischen Skandal in der Geschichte der Zweiten Republik wie die Neos zu einem Wahlsieg. Spindelegger ist der bemitleidenswerte politisch Zuständige, der eine Suppe auslöffeln muss, die ihm die FPÖ, das Land Kärnten und – in der ÖVP eigentlich selbstverständlich – seine Parteifreunde eingebrockt haben. Er muss die härtesten Schläge vor allem von jenen einstecken, die mit den Angriffen von der eigenen Verantwortung ablenken wollen. Politische Taktik lehrt, dass man jemandem nur oft genug etwas vorwerfen muss, damit es irgendwann in der Öffentlichkeit als Faktum akzeptiert wird.

Heinz-Christian Strache macht das derzeit besonders intensiv. Dass ausgerechnet der Chef der FPÖ nach einem Untersuchungsausschuss ruft, ist eine besondere Chuzpe. „Haltet den Dieb“, ruft da jemand, dem die gestohlenen Geldscheine nur so aus den Taschen quellen. Nicht ihm persönlich, aber seinen Parteifreunden in Kärnten, die der Grund dafür sind, dass wir alle – vom Kleinkind bis zum Opa – im schlimmsten Fall 2290 Euro für eine Provinzbank bezahlen müssen.

Für Straches FPÖ unter seinem Vorgänger Jörg Haider war die Hypo-Alpe-Adria-Bank ein Bankomat, mit dem der damalige Kärntner Landeshauptmann seine Prestigeprojekte finanzieren konnte. Und auch alle anderen Kärntner Parteien machten bereitwilligst mit. Die verheerende Ausweitung der Landeshaftungen für die Hypo (auf in der Spitze fantastische 24,7 Milliarden Euro) wurde im Jahr 2004 vom Landtag einstimmig beschlossen. Christian Ragger, Straches aktueller Statthalter in Kärnten, hob damals ebenso die Hand wie Landeshauptmann Peter Kaiser von der SPÖ, der sich am Wochenende immerhin „bei allen Österreichern“ entschuldigte, „dass so etwas passiert ist“.

In Wien schien man es zu bevorzugen, das Agieren in dem kleinen Bundesland zu ignorieren. Schon 2003 wies der Rechnungshof mahnend darauf hin, dass Kreditvergaben der Kärntner Hypo zu risikoreich seien. Die Nationalbank forderte ab 2004 in jährlichen Berichten „Verbesserungen beim Risikomanagement und bei den Kreditvergaben“. Schaute der Bund vielleicht auch deswegen nicht so genau hin, weil man in jenen Jahren Haiders Wohlwollen für die schwarz-blaue Koalition in Wien benötigte? Warum die Bankenaufsicht aber nicht reagierte, erklärt das nicht.

2009 brach das Kartenhaus jedenfalls zusammen, die Landesbank wurde verstaatlicht. Auch das auf eine Art und Weise, die in das Konglomerat aus Inkompetenz, Größenwahn und fast schon kriminellem Verhalten passt. Denn die Risken der Bank kannte man nicht einmal in vollem Umfang. Ein 218 Seiten starkes Dossier, das Experten von PricewaterhouseCoopers der Bank nur Wochen vorher – im November – überreicht hatten, lag der Regierung nicht vor. Weil man lange Zeit nur zugeschaut hatte, übernahm der damalige Finanzminister Josef Pröll in letzter Minute eine Bank, um damit eine Krise aller österreichischen Banken abzuwehren – angeblich ohne Beiziehung von Anwälten. Und die SPÖ? Die hatte eigens einen Staatssekretär ins Finanzministerium gesetzt (den jetzigen Klubobmann Andreas Schieder), der aber seiner Rolle als Aufpasser nicht annähernd gerecht wurde.


Maria Fekter setzte die Hypo-„Sanierung“ in schlechter Tradition fort und verschleppte die Gründung einer Bad Bank, weil man die Milliardenbelastungen auf keinen Fall vor der Nationalratswahl im vergangenen Jahr erklären wollte.

Und all das muss jetzt Michael Spindelegger ausbaden. Wobei, das hat er sich selbst eingehandelt: Obwohl er wusste, was auf ihn zukam, nahm er aus parteiinternen Gründen den Posten des Finanzministers an. Maria Fekter wird es ihm heimlich danken.

E-Mails an:norbert.rief@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2014)

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