Die Hypo, die Milliarden und die ohnmächtigen Bürger

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Die Hypo wird nicht nur Milliarden kosten, sondern wohl auch das letzte Vertrauen in die Politik. Das sollte den Handelnden bewusst werden.

Es ist etwas passiert in diesem Land. Egal, ob in Wien, in Kärnten oder in Vorarlberg. Egal, ob Student, Bauarbeiter, oder Pensionistin. Die Pleite der Hypo Alpe Adria und die Milliardenkosten für die Steuerzahler bewegen seit rund einer Woche alle Menschen in dieser Republik. Denn obwohl die seriösen Zeitungen schon seit Jahren über die Probleme der Bank und die fehlenden Lösungen der Politik schreiben: Jetzt ist es plötzlich ein Thema für jedermann. Und das ist gut so.

Auch wenn die Summe des maximalen Schadens von 19Milliarden Euro (rund fünfmal dessen, was Österreich pro Jahr für die Universitäten ausgibt) eine für den Normalbürger einfach nicht mehr einzuordnende Zahl ist, realisieren die Bürger dieses Landes, dass es gerade zum größten wirtschaftspolitischen Desaster in der Zweiten Republik kommt. Zum Vergleich: Die das Österreich-System der Nachkriegsjahre bis aufs Mark erschütternde Verstaatlichtenkrise der 1980er-Jahre kostete „nur“ 4,3 Milliarden Euro.

Aber es ist nicht nur das Gefühl, dass gerade etwas Großes passiert, das die Menschen so aufwühlt. Es ist auch ein Gefühl der Ohnmacht, dass sie nichts (dagegen) tun können. Denn die Hypo wird in jedem Fall Milliarden kosten. Milliarden, die in Schulen, Forschungslabors – ja sogar in ÖBB-Tunnels sinnvoller investiert wären als in eine Bank, die sich durch Großmannsucht in Regionalpolitik und Bankführung schwer übernommen hat.


Wer Schuld an dem Desaster hat, ist bekannt: allen voran die Ex-Kärntner-Landesregierung unter Führung von FPÖ/BZÖ mit tatkräftiger Unterstützung der lokalen ÖVP und SPÖ. Das Bankmanagement. Die wegschauenden Kontrollinstanzen – etwa bei der Notenbank. Und nicht zuletzt die Bundesregierung von 2009, die bei einer überhasteten Notverstaatlichung einfach alle Risken übernahm und nachher jahrelang nichts machte.

Die jetzige Regierung hat den Scherbenhaufen weitgehend übernommen (wiewohl Kanzler Werner Faymann natürlich bereits 2009 in dieser Funktion tätig war). Aber auch sie ist nicht frei von Fehlern. Und diese sind vor allem auf der psychologischen Ebene zu finden.

Dabei geht es nicht nur um den Sündenfall von Kanzler und Finanzminister, den symbolhaften Auftritt nach dem Ministerrat einen Tag nach dem Hypo-Gipfel in der Vorwoche zu schwänzen – und selbst eine Woche später die Aufregung darüber noch nicht zu verstehen. Auch die getätigten Kommentare des verantwortlichen Finanzministers, Michael Spindelegger (ÖVP), beschränken sich bisher darauf, dass er alles tun will, die Steuerzahler so gut wie möglich zu schützen. Darüber hinausgehende Informationen gibt es von der Regierung – vulgo den treuhändischen Verwaltern des Geldes der Steuerzahler – aber nicht.


So wird nach wie vor nicht offiziell bekannt gegeben, bei wem die im Staatsbesitz befindliche Hypo eigentlich verschuldet ist. Die Eigentümer – also die Steuerzahler – erfahren somit nicht, an wen ihr hart erarbeitetes Geld über die Hypo weitergeleitet wird. Ebenso wird eine Insolvenz, bei der diese Gläubiger ihren Anteil an der Rettung tragen müssten (weshalb sie auch saftige Risikorenditen erhalten haben) mit dem Verweis auf den noch größeren Schaden hintangestellt. Konkrete und mit nachvollziehbaren Zahlen begründete Argumente liefert aber weder Regierung noch Notenbank noch Hypo-Taskforce. Das Einzige, was es dazu gibt, ist ein Journalisten zugespieltes und in weiterer Folge per parlamentarischer Anfrage für jedermann im Internet zugänglich gemachtes (danke, Neos) Beratergutachten, das diese Insolvenz eindeutig empfiehlt.

Für die Hypo gibt es keine schmerzfreie Lösung, das werden auch die meisten Österreicher verstehen. Wenn die Politik in den entscheidenden Fragen jedoch weiterhin schweigt und verschleiert, wird sich bei den Bürgern aber das Gefühl verfestigen, dass sie die ganze Zeche zahlen müssen, während andere mit Gewinnen davonkommen. Wenn dem nicht so ist, dann sollten die handelnden Personen dieses Gefühl mittels echter Informationen zerstreuen. Sonst kostet die Hypo nicht nur Milliarden, sondern auch das letzte Vertrauen in die Politik.

E-Mails an:jakob.zirm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2014)

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