Nur ein Ex-Politiker ist ein guter Politiker

(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
  • Drucken

Nach den Rücktritten der Woche: Der Applaus danach ist ebenso übertrieben wie die Häme davor. Irgendjemand wird so ein Land auch regieren müssen.

Nur ein zurückgetretener Politiker ist ein guter Politiker. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man die „Nachrufe“ dieser Woche liest. Erst im Abgang, so scheint es, werden Politiker nüchterner, menschlicher – sine ira et studio sozusagen – beurteilt.

Und es war eine Woche der Rücktritte: Laura Rudas legte ihr Amt als Bundesgeschäftsführerin der SPÖ und ihr Nationalratsmandat nieder. Kristina Edlinger-Ploder nahm Abschied als steirische ÖVP-Landesrätin. Wolfgang Moitzi gab bekannt, seine Funktion als Chef der Sozialistischen Jugend zurückzulegen. Und auch der namhafteste Beamte des Finanzministeriums, Budget-Sektionschef Gerhard Steger, gibt seinen Job auf.

Wobei die abgeänderten Karrierepläne nicht ohne Pointe sind: Laura Rudas, Verfechterin einer studiengebührenfreien Universität, geht an eine amerikanische Elite-Uni. Wolfgang Moitzi, streitbarer Vertreter der sozialistischen Mehr-Staat-Doktrin, wechselt in die Privatwirtschaft. Und Gerhard Steger, der bisher wichtigste Mitarbeiter des Finanzministers, wechselt zum obersten Kontrollorgan der Republik, dem Rechnungshof.

Mittlerweile sind nicht mehr nur die Wähler wegen der Politik frustriert, sondern auch die Politiker (und höchste Ministerialbeamte) selbst. Edlinger-Ploder fühlte sich von der eigenen Partei bei der Spitalsreform zu wenig unterstützt. Steger ließ durchblicken, dass die Politik seinen ständigen Schuldenwarnungen zu wenig Gehör geschenkt habe. Moitzi merkte desillusioniert an, dass „der Apparat“ mit internen Kritikern eben keine Freude habe. Was sich nicht zuletzt im Umgang mit der jungen SPÖ-Abgeordneten Daniela Holzinger gezeigt habe. Sie hatte es gewagt, für einen Hypo-U-Ausschuss zu stimmen– und wurde dafür klubintern einen Kopf kürzer gemacht.

Und bei Rudas kam wohl einiges zusammen: Ungeliebt in weiten Teilen ihrer Partei, zuletzt mehr oder weniger entmachtet, angefeindet von großen Teilen des Publikums. Der aggressive, verächtliche Ton in den Internetforen zermürbt einen auf Dauer wahrscheinlich auch. Noch schlimmer erging es Edlinger-Ploder: Sie erhielt Morddrohungen.

If you can't stand the heat, get out of the kitchen, könnte man zynisch anfügen. Aber: Irgendeiner muss den Job ja machen. In der Ukraine kämpfen die Menschen für das, was wir Demokratie nennen. Bei uns stehen demokratisch gewählte Politiker unter dem Generalverdacht, Versager, Ahnungslose und Gauner zu sein.

Allerdings: Der Verdacht kommt nicht von ungefähr (er ist nur übertrieben). Gerade die Hypo-Affäre ist Wasser auf die Mühlen der Politikverdrossenen. Hier paart sich kriminelle Energie mit Überforderung, Inkompetenz mit Nachlässigkeit. Ein rücksichtsloser, stets auf den eigenen Vorteil bedachter Landeshauptmann lässt einen großmannssüchtigen Bankdirektor Hasard spielen. Die Übung misslingt. Und auf einmal müssen Politiker, die über keine nennenswerte Erfahrung im Finanzwesen verfügen, retten, was zu retten ist. Auch diese Übung gelingt nicht wirklich.

Und schon ist ein ganzes politisches System diskreditiert.

Faktum ist: Ohne Politiker wird man kein politisches System aufrechterhalten können. Irgendjemand muss den Staat regieren – und irgendjemand muss die Regierenden kontrollieren.

Der Fall Christian Wulff sollte uns ebenfalls zu denken geben. Ein Opfer journalistischer Sensationsgier. Die Vorwürfe, die ihn zum Rücktritt zwangen, hielten vor Gericht nicht stand. Der Medienkampagne folgte der Freispruch.

Die ständige Skandalisierung und Verächtlichmachung führen dazu, dass die Auslese für das politische Personal eine noch negativere wird. Welcher halbwegs intelligente, integre Mensch, der mit einem halbwegs akzeptablen Gehalt zufrieden ist und seinen Teil für das Gemeinwohl leisten möchte, tut sich das noch an? Anscheinend nicht einmal mehr ein Idealist wie der SJ-Chef. Selbst ein solcher zieht mittlerweile ein Leben in der Privatwirtschaft vor.

In Abwandlung eines beliebten Sprichworts ließe sich sagen: If you call them monkeys, you get monkeys.

E-Mails an:oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.