Magere Jahre fürs Burgtheater nach dem sündteuren Intermezzo

A general view of Austria's historic Burgtheater theatre in Vienna
A general view of Austria's historic Burgtheater theatre in Vienna(c) REUTERS
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Für Minister Ostermayer ist es von Nutzen, dass er sich von Direktor Hartmann rasch getrennt hat. Aber die harte Arbeit liegt noch vor ihm.

Niccolò Machiavelli, der einst in Florenz für bissige Komödien gerühmt wurde, empfahl den Renaissancefürsten konsequentes Handeln – so gründliches, „dass man keine Rache fürchten muss“. In der Finanzaffäre des Burgtheaters, die seit Jahresbeginn immer mehr Blüten trägt, legte Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) zumindest gewaltiges Tempo vor.

Anfang März erst hat er die Agenda der Kultur übernommen. Sogleich ordnete er die Prüfung des Bundestheaters an. Aus der Causa der bereits fristlos entlassenen Vizedirektorin Silvia Stantejsky, der Malversationen vorgeworfen werden, ist inzwischen Matthias Hartmanns Fall geworden. Der Burgtheater-Direktor, der am Montag vorauseilend angeboten hatte, seine Tätigkeit als Geschäftsführer bis zur Klärung ruhen zu lassen, wurde am Dienstag vom Minister des Amtes enthoben.

Hartmann mag darüber und dagegen klagen, für Ostermayer ist es ein Kalkül, nach dem er nur gewinnen kann. Das hat nicht nur damit zu tun, dass sich der Direktor kaum der Verantwortung entziehen dürfte, all die finanziellen Entscheidungen, die das Burgtheater seit 2009 in die Krise geführt haben, mitgetragen, wenn nicht sogar getroffen zu haben. Es liegt vor allem auch an den Emotionen, die Hartmann hervorruft. Man kann nicht in Wien den angeblichen Sanierer von Bochum und Zürich spielen, um sich dann bei kräftigem Gegenwind sensibel auf die künstlerische Leitung zurückzuziehen. Und zugleich kundtun, dass es sich nur um eine böse Medienkampagne handle.


Tatsache ist: In einer außergewöhnlichen Aktion hat sich der Großteil des Ensembles gegen den eigenen Boss gestellt, hat ihm und Georg Springer von der Bundestheater-Holding das Misstrauen ausgesprochen. Schon damals hätte wohl so mancher sensible Intendant entnervt aufgegeben. Hartmann aber harrte in allen seinen Funktionen aus und hatte nur eine Botschaft: Alle anderen sind schuld.

Das macht es Ostermayer leicht, sich von diesem kapriziösen Burgherrn zu trennen. Die Volksmeinung hat er mit dieser Entlassung garantiert hinter sich, dafür sorgt schon die Fama aus dem Haus am Ring. Wenn es nur einigermaßen stimmt, dass der Intendant seinen Mitarbeitern einen strikten Sparkurs auferlegt und das stark reduzierte Ensemble zugleich durch den Überfluss an Premieren bis zur Belastungsgrenze ausgenutzt hat, während er selbst sich weiter großzügig bei Gagen und Abgeltungen bedient hat, dann wundert einen die Rebellion im traditionsbewussten Burgtheater nicht. Die Differenz zwischen Gehältern renommierter Burgschauspieler und den Füllhörnern, die über Leading Teams ausgegossen wurden, mutet abenteuerlich an. Das Schlimmste aber war am Ende die Larmoyanz des Chefs. Für solche Herrscher, die dann auch nicht konsequent sind, hat Machiavelli gar nichts übrig.


Hartmann ist an der Hybris gescheitert. In der Politik wird sie mindestens so gnadenlos geahndet wie in der Tragödie. Sie hat auch traurige Züge, denn seinem Intermezzo seit 2009 kann man durchaus auch Positives abgewinnen. Wer es in Bausch und Bogen verwerfen würde, wäre ungerecht. Die Auslastung spricht konkret gegen solch ein Fehlurteil, und wohl auch die Qualität. Diese aber ist meist auch Geschmackssache. Persönlich gefragt, hieße die Bilanz: zu viele Kirtage, zu oft Durchschnitt, zu selten Glanzvolles, aber ganz sicher Ensembleleistungen von hoher Qualität. Dieser Direktor wollte bestes Schauspiel geben, zuweilen ist ihm das sogar gelungen, aber er hat dabei sich und die Mittel, die ihm zur Verfügung standen, grob überschätzt. Ein Vergleich mit München, Zürich oder Berlin macht sicher.

Was aber kommt nun auf das Burgtheater zu, das als Nationaltheater reklamiert wird? Magere Jahre, zumindest finanziell, so viel scheint gewiss. Selbst wenn nun noch restliches Familiensilber veräußert wird, Wohnungen verkauft, Kasino und Vestibül aufgegeben werden, hat das Haus einen Schuldenberg zu bewältigen, der es noch jahrelang belastet.

Gebraucht wird jetzt also ein Sanierer, fürs bloße Kerngeschäft. Der einzige Trost: Echte Kunst braucht keine Verschwender, sondern kreative Kräfte.

E-Mails an:norbert.mayer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2014)

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