Wie Untersuchungsausschüsse funktionieren könnten

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Die Diskussion um einen Hypo-U-Ausschuss bringt jetzt die Chance, Regeln für effiziente parlamentarische Untersuchungen aufzustellen.

Wenn die Hypo-Affäre etwas Positives haben sollte, dann die Tatsache, dass jetzt plötzlich Bewegung in das Thema „Reform der Untersuchungsausschüsse“ kommt. Denn die sind zwar bei Weitem nicht das Tribunal, als das sie jetzt von Regierungsseite hingestellt werden – aber auch bei Weitem nicht so gut, wie es von der Opposition stets hinausposaunt wird. Die Motivation der Koalition für eine Reform hat wohl weniger mit inhaltlichen Überlegungen zu tun als damit, dass sie ohne Gesichtsverlust aus einer Sackgasse herauskommen will, in die sie sich selbst hineinmanövriert hat: Die Ablehnung eines Hypo-U-Ausschusses ist angesichts des öffentlichen Drucks auf Dauer nicht haltbar. Dass die Vorarlberger Abgeordneten aller Parteien jetzt für eine parlamentarische Untersuchung plädieren, ist ein deutliches Zeichen: Auch in anderen Bundesländern, in denen Wahlen bevorstehen, werden Abgeordnete der Koalitionsparteien umschwenken.

Für das Parlament ist das eine Chance: Wenn die Mandatare schon bei der Gesetzgebung am Gängelband der Regierung gehen, könnten sie sich hier eine echte Aufgabe schaffen: die Kontrolle von Regierung und Verwaltung. Dass bisherige U-Ausschüsse oft in die Kategorie „öffentliches Spektakel“ fielen, ist keine naturgesetzliche Notwendigkeit. Fünf Vorschläge, wie man das Instrument U-Ausschuss sinnvoller gestalten könnte:
1) Kontrolle muss zum Minderheitsrecht werden. Der derzeitige Zustand, dass die Mehrheit und damit die Regierungsparteien entscheiden, wann und wie sie sich kontrollieren lassen, ist absurd. Denn so kommen U-Ausschüsse nur dann zustande, wenn starker öffentlicher Druck da ist. Und sie werden regelmäßig vorzeitig abgedreht, wenn es für die Regierung unangenehm wird. Das war einmal sogar der Fall, als Bundeskanzler Faymann dort nicht auftreten wollte.
2) Es braucht eine unabhängige Schiedsstelle, die außerhalb des Parlaments angesiedelt ist. Wenn U-Ausschüsse Minderheitsrecht sind, können Streitfragen nicht von der Mehrheit entschieden werden. Dazu gehören beispielsweise die Fragen, welche Akten vorzulegen sind oder welche Zeugen noch einvernommen werden sollen. Wie es gehen könnte, zeigt Deutschland: Dort entscheidet einfache Streitfragen ein Richter, grundsätzliche Fragen der Verfassungsgerichtshof.
3) Es braucht einen starken Vorsitzenden. Der muss das Verfahren straffen und endlose Wiederholungen unterbinden können. Derzeit hat der Vorsitzende einen hohen Stellenwert in der Öffentlichkeit – im U-Ausschuss selbst aber relativ wenig Gestaltungsmöglichkeiten. Bekommt er tatsächlich Macht, stellt sich die Frage der Unabhängigkeit: Die könnte ein Abgeordneter ebenso gut gewährleisten wie ein Richter – sonst müssten ja auch Parlamentssitzungen von Richtern geleitet werden.
4) Öffentlichkeit schafft Kontrolle. Das derzeitige Verbot von Fernsehaufnahmen ist überholt, es gibt keinen Grund, warum Sitzungen nicht übertragen werden dürfen. Amtsgeheimnisse können ja weiterhin unter Ausschluss der Medien abgehandelt werden. Öffentlichkeit erhöht zwar die Tendenz zur Selbstdarstellung einzelner Mandatare – sie erhöht aber auch die Chance, dass es zu einem Aufschrei kommt, sollte sich tatsächlich eine Untersuchung mit Tribunalcharakter entwickeln.
5) Zeugen brauchen stärkeren Schutz. Dafür müsste die Rolle des Verfahrensanwaltes aufgewertet werden – es wäre aber auch eine Aufgabe eines starken Vorsitzenden, sich speziell jener Auskunftspersonen anzunehmen, die öffentliche Auftritte nicht gewohnt sind.


Nicht alles wird man mit neuen Verfahrensregeln lösen können. Dass einzelne Abgeordnete mehr die Selbstdarstellung als Aufklärung im Sinn haben, liegt am Wesen von Politik. Eine Überschneidung mit der Justiz wird es auch immer geben. Denn wenn man warten will, bis alle Gerichtsverfahren abgeschlossen sind, wird man einen Hypo-U-Ausschuss wohl erst im Jahr 2025 machen können. Und auch das Hinausspielen von Akten wird man nie ganz verhindern können. Das schafft aber die Justiz im eigenen Bereich auch nicht.

E-Mails an:martin.fritzl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2014)

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