Ein Rezept gegen die drohende Steuerrebellion

EU-WAHL PRESSEFRUeHSTUeCK: KARAS / SPINDELEGGER
EU-WAHL PRESSEFRUeHSTUeCK: KARAS / SPINDELEGGER(c) APA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

Dem Finanzminister sollte langsam klar werden, dass die Geduld der „Steueresel“ zur Finanzierung des Regierungsstillstands am Ende ist.

Wenn einmal ein besonnener Professor wie Friedrich Schneider die „Steuerrebellion“ heraufziehen sieht, dann ist wohl Feuer auf dem Dach. Tatsächlich hat sich in der steuergeplagten Bevölkerung ein beispielloser Unmut aufgebaut, der ganz offenbar knapp vor der Explosion steht.

Und zwar zu Recht: Das Steuersystem ist in schwere Schieflage geraten. Zu spüren bekommen das vor allem die Lohnsteuerzahler, denen per kalter Progression jede noch so kleine Nettoreallohnerhöhung weggesteuert wird. Die Nettorealeinkommen stagnieren deshalb, wie in der „Presse“ schon einmal ausgeführt, seit 25Jahren, und sie sind in den vergangenen Jahren sogar deutlich gesunken.

Daran wird sich in den nächsten Jahren nichts ändern, denn der Finanzminister hält es für eine brillante Idee, das Budget überwiegend über die sogenannte kalte Progression zu sanieren. Das ist jene versteckte Steuererhöhung per Nichtanpassung der Steuerstufen, die über die Jahre dazu geführt hat, dass heute ältere Lehrer und mittlere Angestellte in Steuerklassen hineinrutschen, die ursprünglich für Vorstandsgehälter gedacht waren. Wirtschaftsentfesselung durch Kaufkraftsenkung nennt man diese geniale Wirtschaftsstrategie wohl.

Fast ebenso brillant agiert der Regierungschef, der es für eine „Steuerreform“ hält, auf die höchste Steuer- und Abgabenquote aller Zeiten noch ein paar „Millionärssteuern“ draufzupappen, die im Endeffekt der Mittelstand pecken wird.

Von Strukturreformen auf der Ausgabenseite redet dagegen keiner. So, als würde der Staat nicht in Steuergeld schwimmen wie noch nie und als hätte er ein Einnahmen- statt ein Ausgabenproblem. Am Ende wird dann eine der üblichen Steuerreformkommissionen den Klimawandel durch die Produktion von Megatonnen an heißer Luft verschärfen. Und 2016 wird man uns dann wieder einmal eine leichte Teilkorrektur der kalten Progression als Steuerreform verkaufen.

So nicht, meine Herren! Wir wollen jetzt eine echte Reform, die so aussieht: In Stufe eins indexieren wir einmal die Steuerstufen und schaffen damit die kalte Progression ab. Als Gegenfinanzierung bietet sich ein Durchforsten des heimischen Förderwildwuchses an, das kurzfristig ein paar Milliarden freischaufeln könnte.

Danach beauftragen wir die besten Experten, die aufzutreiben sind, mit einer echten Steuerreform nach einer Art Zero-Budgeting-Methode: Zuerst wird ein Zielwert für die Steuer- und Abgabenquote festgelegt. Mit rund 40 Prozent könne man schon einen recht netten Sozialstaat finanzieren, sagen Experten. Danach wird ohne Tabus diskutiert, wie dieses Volumen am besten auf die einzelnen Gruppen aufgeteilt wird. Ohne Tabus heißt, dass man selbstverständlich auch über vermögensbezogene Steuern, wie es sie in praktisch allen marktwirtschaftlich orientierten Ländern gibt, sprechen muss. Aber eben im Rahmen eines Gesamtkonzepts, und nicht als isolierte Maßnahme mit brachialpopulistischem Wahlkampfhintergrund.

Gleichzeitig werden die auf Expertenebene (Rechnungshof, Wifo etc.) längst ausgearbeiteten, bisher aber stets konsequent „schubladisierten“ Strukturreformen (Pensionen, Verwaltung, Föderalismus, Sozialversicherungen) beschlossen, um die neue Steuer- und Budgetstruktur mittelfristig finanziell abzusichern. Denn allein die Absenkung der Steuer- und Abgabenquote auf 40 Prozent erfordert rund 16 Mrd. Euro.


Das geht nicht, weil man da in die „Besitzstände“ von Klientelgruppen, Landesfürsten und anderen wichtigen und mächtigen Personenkreisen eingreifen müsste, was politischem Selbstmord mit Anlauf gleichkäme? Nun ja: Wir wissen ja, dass das alles nicht leicht ist und nicht im Vorbeigehen von heute auf morgen geht. Aber wenigstens anfangen könnte man damit. Denn für die Verwaltung des Stillstands, wie wir sie erleben, haben wir diese Regierung eigentlich nicht gewählt. Die Dinge einfach weiterlaufen zu lassen und zu hoffen, dass die „Steueresel“ nicht merken, wie sie ausgenommen werden – wie das offenbar geplant ist –, sieht leider nicht nach zukunftsträchtiger Strategie aus.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.