Die rosa Trainerpartei

EU-WAHL PK: EUROPA ZU GAST BEI NEOS: STROLZ
EU-WAHL PK: EUROPA ZU GAST BEI NEOS: STROLZ(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Matthias Strolz bleibt seinem Beruf treu: Er coacht unfreiwillig die anderen Parteien. Dabei hätte er intern einiges zu tun – etwa, die wirre Positionierung der Neos zum Freihandel aufzuklären.

Gäbe es die Neos nicht, wir müssten ernsthaft an ihrer Erfindung arbeiten. Nein, nicht um Seminarmotivationstrainer wie Matthias Strolz auch einem breiten TV-Publikum bekannt oder der Luftballonindustrie zusätzlich zum Kindergeburtstagsgeschäft die Politik als neuen starken Geschäftszweig zugänglich zu machen. Sondern um die anderen Parteien zu verändern.

Die Neos verbessern weniger das Land als vielmehr ihre politischen Gegner – beziehungsweise ihre flügellahmen Mitbewerber, wie Strolz sagen würde.

Begonnen hat es mit ihrer Tantenpartei ÖVP: Nicht nur Erhard Busek, immer gut für einen medienwirksamen internen Rempler, wählte da plötzlich die rosa Alternative. Jetzt ist er wieder für Neos-Mentor und ÖVP-EU-Spitzenkandidat Othmar Karas, den ewigen Lodenmantel-Strolz der Bürgerlichen.

Längst hat sich bis zu den hintersten bündischen Politikkränzchen herumgesprochen, dass man ein wenig mehr auf modernen Stil, gesellschaftspolitische Toleranz und einen Hauch Wirtschaftsliberalismus setzen darf und kann. Bei dem Wirtschaftsliberalismus dauert es noch ein wenig mit der Umsetzung.

Beim Thema Homosexuellengleichberechtigung ging der Meinungsschwenk hingegen ziemlich schnell. Auch bei der Prioritätensetzung nimmt sich die ÖVP also die Kleinen zum Vorbild. Aber vielleicht stolpert Michael Spindelegger ja demnächst noch über mehr bisher unentdeckte Milliarden im Keller der Himmelpfortgasse und unternimmt damit etwas zur Entlastung der Wirtschaft.


Gut gegen Pink. Vor der EU-Wahl sind es nun plötzlich die Grünen, die mit dem Blick auf die Umfragen panisch ein Neos-Gegenrezept gesucht haben. Ulrike Lunacek war den Strategen nicht genug, die Expertise der politisch klar links positionierten Veteranin verstehen eben nicht alle in der Partei: Lieber einen nicht rechtskräftig verurteilten Ex-ÖVP-Politiker an den Pranger stellen! Moral ist das, was die anderen haben müssen, die Grünen stehen darüber. Aber irgendwann werden intern ein paar Fragen auftauchen: Sind das die richtigen Themen? Kann bunte Reklame eine politische Überzeugung überflüssig machen? Reicht bürgerlich zu wirken und links zu träumen als Strategie?

Vor der Rosa-Partei waren die Grünen die Neos, jetzt müssten sie sich etwas überlegen. (Es spricht viel dafür, dass auch bei der Kleinpartei inhaltlich und wohl auch personell spätestens nach der Wien-Wahl einiges passieren wird. Und nicht nur bei SPÖ und ÖVP.)

Aber zum Glück für Othmar Karas und Ulrike Lunacek tritt nicht nur Eugen Freund als tapsiger Politikerimitator für die SPÖ an, sondern auch Angelika Mlinar für die Neos. Sie verkörpert wie keine andere Politikerin – oder auch Politiker, Frauen gibt es ja nicht so viele bei den Neos –, wie wirr die Neos-Positionierung noch ist. Gegen Freihandel mit den USA, aber für die Privatisierung von Wasser? Sehr kompliziert das Ganze.

Die Frontfrau ist sozusagen authentisch unauthentisch. Die schwarz-grüne Geheimwaffe.

rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2014)

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