Die Steuerreform, die wir gern hätten

Austrian Finance Minister Spindelegger is on his way for a media statement in Vienna
Austrian Finance Minister Spindelegger is on his way for a media statement in Vienna(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Österreich hätte die Chance für eine große, umfassende Steuerreform. Stattdessen wird man sich zu einem Reförmchen hudeln.

Es werden sich nicht mehr viele daran erinnern: Im März 2010 schlug der damalige Finanzminister Josef Pröll eine große Reform des Steuersystems vor. Motto: Weg von der Besteuerung der Arbeit, hin zu einer Besteuerung der Umweltverschmutzer. Eine solche Ökologisierung würde gleich mehrere positive Effekte bringen, erklärte uns der damalige ÖVP-Chef: Der Faktor Arbeit würde billiger und der Umweltschutz unter dem Steuerdruck wichtiger genommen werden.

Anlass für die Ökologisierungsdebatte waren diverse Steuererhöhungen für Unternehmen, die das Finanzministerium umsetzte, und deshalb lästerte diese Zeitung damals: „Der ökologische Beitrag zur Neuordnung des Steuersystems wird am Ende so aussehen, dass Josef Pröll ein paar Bäumchen pflanzt.“ Wir müssen uns für diese Aussage entschuldigen: Josef Pröll hat kein einziges Bäumchen gepflanzt.

Aus Erfahrung können wir daher jetzt schon darauf wetten, wie die Steuerreform, die man uns für 2015 oder 2016 verspricht, aussehen wird: keine Vermögensteuern (da kann die ÖVP schlicht nicht mit), aber eine Erbschaftssteuer; alle Steuerpauschalierungen werden abgeschafft, alle sogenannten Steuerschlupflöcher geschlossen; es gibt eine neue, vierte Steuerstufe mit 25 Prozent. Und wenn am Ende ein paar Haushalten pro Jahr ein paar hundert Euro mehr bleiben, kann man schon jubeln.

Das alles hat nichts mit der Steuerreform zu tun, die dieses Land wirklich benötigt. Nämlich eine, die nicht darauf abzielt, dass eine möglichst große Bevölkerungsgruppe möglichst vor dem nächsten Wahltermin irgendein Zuckerl bekommt (Stichwort: Pendlereuro 2013), sondern eine, die vielleicht erst in Jahren spürbar wird, dafür aber unser Lohn-, Einkommens- und Grundsteuersystem nachhaltig reformiert. Denn unumstritten ist, dass wir zu viel Steuern bezahlen und haarsträubend ist, dass der Staat mit einer Abgabenquote von 45,4Prozent nicht das Auslangen findet.

Der allererste Schritt wäre daher nicht eine Diskussion, wie man noch mehr nehmen kann (im Sinn der österreichischen Neidgesellschaft am besten von den Besserverdienern), sondern darüber, wo man einsparen kann. Mag schon sein, dass viele reiche Österreicher bereit sind, Vermögensteuern zu bezahlen, wie sie einem Magazin kundgetan haben. Das ist freilich so, als würde man einem Alkoholiker zusätzlichen Schnaps versprechen, falls er mit dem Fass nicht auskommt. Man kann dem Staat schlicht nicht vertrauen, mit den zusätzlichen Steuern verantwortungsbewusst umzugehen. ÖVP-Chef Michael Spindelegger schlägt den richtigen Weg ein, wenn er eine Steuerreform nicht mit neuen Steuern finanzieren will, sondern mit Einsparungen. Vielleicht kommt ja noch jemand auf die Idee, Prölls „Transparenzdatenbank“, die Licht in die unzähligen Förderungen von Bund, Länder und Gemeinden bringen soll, wiederzubeleben.


Man kann aber durchaus auch über ein vermögensbezogenes Steuersystem nach dem Vorbild der USA nachdenken – wenn man im Gegenzug den Menschen die Möglichkeit gibt, auch tatsächlich ein Vermögen anzuhäufen.

In den USA beträgt der Spitzensteuersatz 38,6 Prozent, da fängt bei uns gerade einmal der niedrigste Lohn- und Einkommensteuersatz an (36,5 Prozent). Im Schnitt bezahlt ein US-Bürger 25 Prozent Lohnsteuer und (je nach Bundesstaat) keine oder maximal acht Prozent Mehrwertsteuer. Im Gegenzug sind beispielsweise pro Jahr zwischen ein und zwei Prozent des Marktwerts des Hauses als Grundsteuer fällig.

Senken wir also den Steuersatz in Österreich massiv, lassen wir den Menschen mehr Geld und holen es dann, wenn sie etwas mit dem Geld angeschafft haben. Das Grund- und Immobilienvermögen in Österreich, das bisher zu Recht kaum besteuert wird (schließlich haben die Besitzer dafür lange hoch versteuertes Gehalt sparen müssen) beträgt 690 Milliarden Euro, das ist ein ordentliches Potenzial.

Eine solche Änderung des Steuersystems geht nicht bis zur nächsten Wahl, sondern dauert. Aber es wäre schön, müssten wir in zwei Jahren nicht wieder alte Leitartikel zitieren.

E-Mails an:norbert.rief@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2014)

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