Die dem Steuerzahler auf der Nase herumtanzen

NATIONALRAT: SPINDELEGGER
NATIONALRAT: SPINDELEGGER(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
  • Drucken

Die Bundesregierung kneift beim Gesetz, das dem Land Kärnten einen Beitrag zur Hypo vorschreibt. Für Republik und Bürger ist das ein böses Ländersignal.

Die gute Nachricht für die Bundesregierung: Spätestens mit dem Auftaktspiel Brasilien gegen Kroatien an diesem Donnerstagabend wird die Frage, ob Gastgeber Brasilien, Deutschland, Titelverteidiger Spanien oder Außenseiter Belgien Fußballweltmeister wird, in Wirtshäusern, am Arbeitsplatz und in vielen Wohnzimmern alles andere in den Hintergrund drängen. Die schlechte Nachricht für die Österreicher: Damit geht auch unter, dass sich die Bundesregierung von Kärntner Landespolitikern papierln lässt. Schließlich wehrt sich Kärnten erfolgreich dagegen, für das Hypo-Sondergesetz einen Landesbeitrag zur Bereinigung des Finanzdesasters um die Hypo Alpe Adria zu leisten. Das ist ein schlimmes Omen für das, was SPÖ und ÖVP in diesen Wochen wieder vollmundig an Verwaltungsreform versprechen und wofür Einvernehmen und ein Sparbeitrag der Länder notwendig sind.

Finanzminister Spindelegger hat zwar in der „Presse am Sonntag“ bekräftigt, er wolle weiter einen Beitrag von 500 Millionen aus Kärnten für die Hypo eintreiben. Sein Hauptdruckmittel, dies auch schwarz auf weiß in einem Gesetz zu verankern, gibt er allerdings aus der Hand. Warum soll jetzt oder in naher Zukunft auf einmal bei Verhandlungen paktiert werden können, dass aus Klagenfurt 500 Millionen Euro zum Bund herübergeschoben werden, wenn schon in den vergangenen Monaten und Wochen darüber kein Konsens bei Verhandlungen gelungen ist?


Der Finanzminister schiebt dafür in der Regierung der SPÖ die Schuld in die Schuhe. Der Koalitionspartner sei nicht bereit gewesen, einem gesetzlichen Zwangsbeitrag zuzustimmen. Das spricht jedenfalls ganz sicher nicht für das Durchsetzungsvermögen des ÖVP-Obmanns in der Koalition. Schließlich hat Bundeskanzler Werner Faymann kein Hehl daraus gemacht, dass er keine derartige verbindliche Auflage will, sondern eine Verhandlungslösung. Faymann hätte ehrlicherweise sagen müssen: Lieber vergräme ich die Steuerzahler, indem ich ihnen einen noch höheren unfreiwilligen Beitrag für die Hypo-Aufräumarbeiten aufzwinge, statt dass ich meinen Kärntner SPÖ-Parteifreund Landeshauptmann Peter Kaiser vergraule. Es bedarf keiner besonderen Fantasie, um sich auszumalen, dass SPÖ-Chef Faymann viel giftigere Töne spucken würde, wäre noch Jörg Haiders orange-blauer Nachfolger Gerhard Dörfler in der höchsten Funktion in Kärnten im Amt oder würde die ÖVP den Landeshauptmann stellen.

Faymann und Spindelegger setzen mit dem Einknicken vor Kärnten immerhin ihre Linie bei der Aufarbeitung des Milliardenflops um die Hypo konsequent fort. Warum sich besonders anstrengen, wenn am Ende der Steuerzahler ohnehin für vieles geradesteht?


Das Ganze ist jedoch weit über die Causa Hypo hinaus ein fatales Signal der Bundesregierung nur ein halbes Jahr nach der Neuauflage der rot-schwarzen Koalition. Angeblich meinen es Faymann und Spindelegger, wenn man ihren eigenen Beteuerungen glaubt, jetzt ja wirklich ernst mit einer Verwaltungsreform. Ende kommender Woche wird die x-te einschlägige Kommission dazu ihre Arbeit aufnehmen. Bis zum Beweis des Gegenteils darf freilich damit gerechnet werden, dass die Kunst, sich von Bundes- und Landesseite gegenseitig Sparvorschläge um die Ohren zu werfen, weiter perfektioniert wird. Das war so ziemlich das Einzige, was schon in der Vergangenheit funktioniert hat. Sonst würden die Experten sich Mitte 2014 nicht noch immer und schon wieder mit Sparplänen herumschlagen, die bereits seit Jahren in Schubladen oder elektronisch gespeichert herumliegen.

Viel forscher wird ans Werk gegangen, wenn es um Geldforderungen geht. Da wurden für den Finanzausgleich, also die 2015 fällige Neuverteilung der Steuereinnahmen zwischen den Gebietskörperschaften von Länderseite, schon vorsorglich Wünsche etwa für die Pflege angemeldet. Das jetzige fatale Kärntner Hypo-Beispiel zeigt: Man muss nur hartnäckig genug sein, bis die Bundesregierung nachgibt. Kein Wunder, denn alle zusammen tanzen dann letztlich dem Steuerzahler auf der Nase herum.

E-Mails an: karl.ettinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Innenpolitik

Niessl: Millionärssteuer ist eine "Kleinigkeit" für die Betroffenen

Die Steuerreform soll 2015 stattfinden, fordert Hans Niessl. Veränderungen wünscht er sich in der Verwaltung – es soll eine „Zentralismusreform“ geben.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer
Politik

Reform ohne Vermögenssteuer? "Das glaube ich nicht"

Der Sozialminister kann sich nicht vorstellen, dass eine Steuerreform ohne den "Ausbaus von vermögensbezogenen Steuern" möglich ist.
Wie hoch ist die Steuerlast? Neue Plattform geht online
Politik

Wie hoch ist die Steuerlast? "Transparenz-Rechner" geht online

Der Verein Respekt.net hat eine Plattform gestartet, auf der Bürger ihre gesamte Abgabenlast ermitteln können.
Innenpolitik

Steuerreform: Schwarzer Klassenkampf

Führende Vertreter des ÖVP-Arbeitnehmerbundes ÖAAB verlangen – wie die SPÖ – eine baldige Steuerentlastung samt Millionärsabgabe. Ihre Obfrau, Johanna Mikl-Leitner, stürzt das in ein Dilemma: Eigentlich will sie Parteichef Michael Spindelegger nicht in den Rücken fallen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.