Katastrophenschutz? Das Heer ist vor der Katastrophe zu schützen

NATIONALFEIERTAG 2012 AM WIENER HELDENPLATZ: ANGELOBUNG
NATIONALFEIERTAG 2012 AM WIENER HELDENPLATZ: ANGELOBUNG(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
  • Drucken

Minister Klug hat sich noch immer mit den Vorschlägen seiner Generalstäbler verbarrikadiert. Es besteht begründeter Anlass für schlimmste Befürchtungen.

Die Österreicher kennen kein Erbarmen. Wenn sich der Wind dreht, lassen sie ihre politischen Lieblinge, so sie überhaupt welche haben, sehr rasch fallen. Der Steirer Gerald Klug war seit seiner Abkommandierung an die Spitze des Landesverteidigungsministeriums laut Umfragen im Beliebtheitsranking stets ganz weit oben zu finden. Wie es sich gehört, natürlich nicht an der Spitze, dort ist schließlich der Oberbefehlshaber des Bundesheers, Bundespräsident Heinz Fischer, mehr oder weniger gesetzt. Und wer ist der große Absteiger im jüngsten Vertrauensindex, den die APA jedes Quartal erstellt? Ein gewisser Gerald Klug.

Das hat Gründe, schwerwiegende. Mittlerweile sickert auch in breite Bevölkerungskreise die selbst durch bestes Tarnen und Täuschen nicht mehr zu verbergende Tatsache durch, dass das Bundesheer wegen des Sparkurses überall an die Grenzen des Machbaren stößt. Besonders wichtig wohl für eine breite Mehrheit der Österreicher: auch beim Katastrophenschutz.

Eineinhalb Jahre nach der Volksbefragung über die allgemeine Wehrpflicht werden schlimmste Befürchtungen wahr. Das Bundesheer kann in Kürze weder vor den kleinen noch großen Katastrophen welcher Art auch immer – egal, ob Schnee, Hochwasser, Dürre, Feuer oder verendete Kühe auf Almen – noch vor militärischen Bedrohungen welcher Art auch immer ausreichend schützen. Einmal, weil schlichtweg in manchen Bereichen die kritische Masse unterschritten wurde. Und außerdem, weil es schwere politische Planungsdefizite gibt. Zu lange wurde versucht, sich ohne ernsthafte, also tiefe Schnitte über die geringer werdenden finanziellen Mittel hinwegzuschummeln. Das Wegschauen oder Spielen auf Zeit macht jetzt nur noch tiefere Schnitte notwendig.

Dem aktuellen Verteidigungsminister, Gerald Klug, (und der SPÖ) allein die Schuld aufzubürden ist, nun ja, nicht ganz sachgerecht. Der Mann hatte Vorgänger. Diese hörten nicht nur auf den Namen Norbert Darabos. Das einschlägige Vorleben des Tiroler Landeshauptmanns, Günther Platter, soll genauso gewürdigt werden wie das der Herren Herbert Scheibner (der den technisch avancierten teuren Eurofighter zuerst nicht gewollt, aber aus bis heute nicht restlos geklärten Gründen plötzlich bestellt hat) und Werner Fasslabend. Wahrscheinlich war Robert Lichal Ende der 1980er-Jahre der letzte Verteidigungsminister, der ungefähr eine Ahnung davon hatte, wohin für das Bundesheer die Reise gehen soll.

Doch zurück aus der unrühmlichen Vergangenheit in die unmittelbare Zukunft. Da besteht nämlich begründeter Anlass für die schlimmsten Befürchtungen. Minister Klug hat sich ja noch immer mit einem Papier verbarrikadiert, das mehr als 100 Seiten stark ist und ihm von „seinem“ Generalstabschef, Othmar Commenda, überreicht wurde, ein anpassungsfähiger Diener unter mehreren Ministern unterschiedlicher politischer Ausrichtung. Da trifft es sich gut, dass am Freitag und Samstag die Koalition eine Klausur in Schladming plant. Ein stringentes, zukunftsweisendes Konzept für das Bundesheer könnte dabei beraten und medial verkauft werden.


Könnte. Denn tatsächlich stehen Maßnahmen zur Belebung der Konjunktur vor dem Hintergrund wenig euphorisierender jüngster Wirtschaftsprognosen und bisherige politische Ladenhüter wie die Steuer- oder Bildungsreform auf der Tagesordnung. Und die Reform des Bundesheeres, die ausschließlich dem, um den viel strapazierten Ausdruck zu verwenden, Diktat der leeren Kassen geschuldet ist und keinem großen oder kleinen, nämlich gar keinem politischen Design folgt? Sie soll später präsentiert werden. Die Regierungsspitzen wollen sich ihr Schladming mit den geplanten Feel-Good-Einheiten für das Wählerpublikum nicht vermasseln lassen.

Mit Sicherheitspolitik und Organisation des Bundesheers darf sich der zuständige Fachminister also allein herumschlagen. (Und der beliebte Heinz Fischer schweigt.) So viel steht fest: Das Bundesheer wird den Katastrophenschutz nur noch in einer mit letzter Anstrengung möglichen Minimalvariante leisten können. Im Grund ist das Bundesheer selbst längst schutzbedürftig.

E-Mails an: dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

VORBEREITUNG F�R NATIONALFEIERTAG: HUBSCHRAUBERLANDUNG AM HELDENPLATZ
Innenpolitik

Ohne Investitionen ist die Luftwaffe bedroht

Für den Betrieb der Eurofighter fehlen ebenso die Mittel wie für den Kauf neuer Hubschrauber.
�BUNG DES JAGDKOMMANDOS DES �STERREICHISCHEN BUNDESHEERES IN ZELTWEG: KLUG/HOFER BEI HUSCHRAUBERFLUG
Innenpolitik

Heer: Hohe Personalkosten, sinkende Budgets

Sogar die Einsatzfähigkeit bei Katastrophen ist durch den Sparkurs beeinträchtigt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.