Adieu Bandion-Ortner! Adieu die Farce!

MINISTERRAT:  BANDION-ORTNER
MINISTERRAT: BANDION-ORTNER(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Die Vize-Generalsekretärin des Abdullah-Zentrums trat zurück. (Außen-)politische Probleme und Fehlbesetzungen haben eines gemeinsam: Irgendwann müssen sie gelöst oder beseitigt werden.

Claudia Bandion-Ortner macht spät, aber doch das einzig Richtige: Sie tritt zurück. Die stellvertretende Generalsekretärin des Abdullah-Zentrums mit dem unfreiwillig zynischen Zusatz „für interreligiösen Dialog“ ist zurückgetreten. Noch selten zuvor hat eine stellvertretende Generalsekretärin (oder -sekretär) einer Einrichtung so viel Aufmerksamkeit erhalten.

Es wäre schön, wenn das auch die Ausnahme war. Claudia Bandion-Ortner war keine ideale Besetzung im Justizressort– und das ist mehr als höflich formuliert – und die falsche Frau für den falschen Job im Saudi-Palais am Wiener Schottenring. Aber ob sie nun mit einem Hauch an Einsicht den gut dotierten und freizeitfreundlichen Posten aufgibt oder weil sie Sebastian Kurz dazu gezwungen hat: Es geht hier nicht um eine stellvertretende Generalsekretärin, die besser keine Interviews gibt.


Zudrehen? Es geht leider um viel mehr. Es geht um Österreichs internationale Positionierung, unsere Haltung und die Farce, die sich rund um das Zentrum abspielt und noch nicht zu Ende ist. Im Kern wartet eine einfache Frage auf Antwort: Soll Wien, die Hauptstadt eines wirklich neutralen Staates, der Standort für viele internationale Organisationen sein, oder nicht? Dürfen hier auch Zentren und Institute Diplomaten und Politiker beschäftigen und mit Österreich kooperieren, die sich viel mit sich selbst, aber eben auch mit gegenseitigem Zuhören und der kleinen Weltpolitik beschäftigen – und das, obwohl wir ihre Hintermänner zutiefst ablehnen?

Wenn ja, ist es schwierig, das von Saudiarabien finanzierte und von Österreich sowie Spanien mitbetriebene Zentrum einfach zuzudrehen. Oder aber Österreich erkennt die Wahrheit, die spätestens mit dem Beitritt zur Europäischen Union offiziell wurde. Wir sind politisch nicht mehr neutral, also können wir uns auch eine mutigere Positionierung erlauben und klar festhalten: Wir wollen keine Einrichtung mit dem Namen und Spin eines Monarchen, der für Auspeitschungen und Hinrichtungen aus religiösen Motiven verantwortlich ist.

Die härtesten Gegner des Zentrums, Grüne und FPÖ, verteidigen hingegen die Neutralität und demonstrieren gegen die Saudis, Logik braucht die Opposition nicht. Heinz Fischer hingegen hält in dem Punkt seine – in meinen Augen falsche – Linie ungewöhnlich konsequent ein. Er widersprach gemeinsam mit dem Wiener Erzbischof öffentlich dem Bundeskanzler und sprach sich für den Verbleib des Zentrums aus. Das beweist die innenpolitische Schwäche Werner Faymanns und sollte ihm zu denken gehen: Fischer zeigt ihm die kalte Schulter? Wer kommt als Nächstes? Josef Ostermayer?


Ablenkungsmanöver des Kanzlers. Beim Kanzler wird die gesamte Debatte auch wirklich unschön: Er benutzt die Außenpolitik einmal mehr als Ablenkungsmanöver von seiner eigenen Misere. Wie schon so oft schenkte er seinen treuen Boulevardzeitungen einen Titel:die Forderung nach Schließung des Zentrums. Damit setzte er vorsätzlich Sebastian Kurz unter Druck, dessen Popularität in den Umfragen im Kanzleramt für kleine Rumpelstilzchen-Einlagen sorgt. Der Außenminister konnte sich der populistischen Debatte entziehen, schickt nun Bandion-Ortner in die politische AMS-Wüste und will das Zentrum neu positioniert wissen. Was das Kernproblem – siehe oben – auch nicht löst.

Dem Vernehmen nach bot sich England beziehungsweise London als Standort für das Zentrum an. Vielleicht sollte irgendjemand am Ballhausplatz David Cameron anrufen und fragen, ob das Angebot noch aufrecht sei. Dort geht man mit solchen Themen, Zentren und Problemen nämlich nicht so kleinkariert und provinziell um.


chefredaktion@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2015)

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