Mal was Neues: Proporz – aber ohne Volkspartei

Schatten über dem U-Ausschuss neu: Es geht zwar nur um Verfahrensrichter und -anwälte. Im Zorn-und-Eifer-Tribunal sind sie aber nicht ganz unwichtig.

Eigentlich hätte alles anders werden sollen. Doch es wurde so wie immer. Fast so wie immer. „Proporz!“, schrien die Ersten, als bekannt wurde, dass der Verfahrensrichter für den U-Ausschuss ein der SPÖ Nahestehender werden soll und sein Stellvertreter einer aus dem ÖVP-Stall. Und „Proporz!“ schrien sie erst recht – und zwar auch zu Recht –, als sich in weiterer Folge herausstellte, dass auch die Bestellung des Verfahrensanwalts und seines Stellvertreters gemäß der rot-schwarzen Farbenlehre ablaufen soll.

Also so, wie es immer und überall gewesen ist. Und immerhin werden ja selbst die – ebenfalls zu Recht – hochangesehenen Richter des Verfassungsgerichtshof nach ebendiesem Modus bestellt. Da ein Roter, dort ein Schwarzer – und muss einer nachbesetzt werden, dann freilich nur mit einem derselben Farbe.

Diesmal gab es allerdings eine kleine Pointe: Der rot-schwarze Proporz fand, so man diversen Beteiligten – oder in diesem Fall besser: Nichtbeteiligten – glauben darf, ohne die ÖVP statt. SPÖ-Nationalratspräsidentin Doris Bures hat für den Koalitionspartner einfach mitgedacht. Und eine Liste erstellt, wie sie ihr gefällt: beim (wichtigeren) Verfahrensrichter den roten Kandidaten an erster Stelle, den schwarzen an zweiter. Ist ja schließlich auch ein Abbild der Regierungskonstellation.


Womit der mit allerlei Vorschusslorbeeren bedachte U-Ausschuss neu noch vor seinem Start beschädigt ist. Wobei man auch hier die Relationen wahren sollte: Es geht um den Verfahrensrichter und den Verfahrensanwalt. Nicht wenige Menschen werden hier das erste Mal von diesen Funktionen lesen. Der wirkliche Herr des Verfahrens ist nun der Nationalratspräsident. Oder im konkreten Fall: die Nationalratspräsidentin. Also besagte Doris Bures.

Allerdings kommt dem Verfahrensrichter eine doch nicht ganz unbedeutende Rolle zu: Er darf die Erstbefragung der Zeugen vornehmen. Erst dann kommen die Fragesteller der Parlamentsparteien dran. Der Verfahrensrichter steht zu diesen aber auch in einer gewissen Abhängigkeit. Die Abgeordneten können ihn während des laufenden Verfahrens ablösen, wenn sie mit ihm nicht zufrieden sind. Dem Verfahrensanwalt wiederum – diesen gab es im Gegensatz zum Verfahrensrichter schon bisher – kommt in erster Linie die Aufgabe zu, die Zeugen zu schützen. Vor allem vor überehrgeizigen Parlamentariern, die den U-Ausschuss zur Selbstdarstellung missbrauchen wollen. Solches soll in der Vergangenheit ja mitunter schon vorgekommen sein.

Womit wir zum Wesentlichen des U-Ausschusses, der am 26. Februar beginnen soll, kommen: dem Untersuchungsgegenstand. Untersucht wird der Fall der Hypo Alpe Adria. Wir erinnern uns: Eine Bank und mit ihr ein ganzes Bundesland haben über ihre Verhältnisse gelebt, dann mehr oder weniger vom Staat verlangt, gerettet zu werden – ohne Danke zu sagen freilich – und sich danach in der Rolle des armen Opfers gesuhlt. Wen das jetzt an ein hochaktuelles Thema auf EU-Ebene erinnert, der liegt nicht ganz falsch.

Selbstverständlich – und das werden sich auch die Oppositionsparteien nicht nehmen lassen – wird die Nacht-und-Nebel-Verstaatlichung der Hypo eine ganz zentrale Rolle spielen. Hier gingen – wie es derzeit aussieht – mangelnde Kompetenz und Überforderung Hand in Hand. Die juristisch wie taktisch besser vorbereiteten Bayern zogen die Österreicher über den Tisch.

Es wird die Aufgabe des U-Ausschusses sein zu klären, ob das wirklich so war. Leider kann man nicht davon ausgehen, dass das sine ira et studio, also ohne Zorn und Eifer, geschehen wird. Da die Untersucher ja auch Eigeninteressen parteipolitischer Natur haben.

Weswegen es dann doch nicht ganz unwesentlich ist, dass jene, die keine Eigeninteressen haben und einen fairen Ablauf garantieren sollten, möglichst unangepatzt in den U-Ausschuss starten: also der Verfahrensrichter und der Verfahrensanwalt. Dass diese nun schon von Beginn an beschädigt dastehen, wirft einen kleinen Schatten auf die an sich gelungene U-Ausschuss-Reform.

E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2015)

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