Kein Grund, über eine bloße Steuererhöhung nachzudenken

Die Grundsteuer gehört tatsächlich reformiert. Mit ihr bloß eine Lohnsteuersenkung kompensieren zu wollen wäre aber alles andere als eine Reform.

Kommt sie, oder kommt sie nicht – die Erhöhung der Grundsteuer? Mit der geplanten Steuerreform führt sie eine Art On/Off-Beziehung: Einmal wird sie vorsichtig als Instrument der Gegenfinanzierung ins Spiel gebracht, dann wieder halbherzig dementiert.

Wir haben sie hier schon vor gut einem Jahr als mögliche Kompromissvariante ins Spiel gebracht, weil sie beiden Koalitionspartnern erlaubt, ohne großen Gesichtsverlust aus ihren ideologischen Schützengräben, in denen sie sich ziemlich tief verschanzt haben, wieder herauszukommen: Schließlich ist die Grundsteuer eine Vermögensteuer (Punkt für die SPÖ), aber keine neue (Ausgleich für die ÖVP). Dass sie alles andere als eine Millionärssteuer ist (weil Immobilienmillionäre diese per Betriebskosten an ihre Mieter weiterreichen können), darf man in diesem Fall wohl nicht so eng sehen.

Dagegen spricht, dass es eine Gemeindesteuer ist. Die Gemeinden drängen zwar schon sehr lang auf eine Erhöhung, aber sie wollen den Mehrerlös natürlich selbst einsacken. Wenn der Bund versuchen sollte, eine allfällige saftige Grundsteuererhöhung per Finanzausgleich nach Wien umzuleiten, wird ihm recht ordentlicher föderaler Gegenwind entgegenwehen. Wie so etwas im Regelfall ausgeht, wissen wir.

Argumente für eine Reform gibt es natürlich. Das meistgebrauchte: Die Einheitswerte, auf denen die Berechnung der Steuer basiert, wurden zuletzt 1973 festgelegt, seither nie valorisiert und haben deshalb mit den Marktwerten der besteuerten Grundstücke und Häuser nichts mehr zu tun. Dieses Faktum ermöglicht den Steuererhöhern abenteuerliche Argumentationen.

Der Städtebund verbreitet auf seiner Website zum Beispiel immer noch die dummdreiste Lüge, die Einnahmen aus der Grundsteuer würden wegen der Nichtaktualisierung der Einheitswerte stagnieren. Dummdreist deshalb, weil jeder, der einen internetfähigen Computer bedienen kann, binnen Sekunden herausfindet, dass das genaue Gegenteil der Fall ist. Selbst seit der Ausschöpfung der sogenannten Hebesätze, mit denen die Einheitswerte de facto versechsfacht werden konnten (das ist Mitte der Neunzigerjahre passiert), steigen die Grundsteuereinnahmen deutlich stärker als die Inflation. Und nicht viel weniger stark als die Immobilienpreise. Laut Statistik Austria haben die Grundsteuereinnahmen von 369 Mio. Euro im Jahr 1995 auf 625 Mio. Euro im Jahr 2013 zugenommen. Das macht ein Plus von 69,4 Prozent gegenüber einer 39-prozentigen Steigerung des Verbraucherpreisindex. Wenn das Stagnation ist, möchte man sich gar nicht vorstellen, was Gemeindevertreter unter Dynamisierung verstehen.

Was wirklich stagniert, ist die GrundsteuerB, die für landwirtschaftlichen Grund (also für 85 Prozent der Staatsfläche) fällig wird. Diese machte zuletzt nur 26 Mio. Euro aus und wird auch nach der jüngsten Anpassung der agrarischen Einheitswerte nicht dramatisch steigen. Die Bauern zahlen übrigens deutlich weniger Grundsteuer, als sie an Zwangsbeiträgen für ihre Landwirtschaftskammer abdrücken. Aber das ist eine andere Geschichte.


Kurzum: Die Grundsteuer sollte tatsächlich reformiert werden. Allein schon wegen der komplizierten und realitätsfernen Berechnungsmethode. Wollte man damit die Faymann'schen Vermögensteuervorgaben (mindestens 1,5 Milliarden Euro) erfüllen, muss man sie aber fast verdreifachen. Dabei viel Vergnügen in einem Jahr voller Wahlen.

Als bloße Gegenfinanzierung für die geplante Steuerreform wäre eine Grundsteuererhöhung zudem ein ziemlicher Steuerzahlerpflanz: Eine Massensteuer (Lohnsteuer) zu senken und das durch die Erhöhung anderer Massensteuern (eine solche ist die Grundsteuer zweifellos) zu kompensieren – da hätte man sich die sogenannte Reform gleich sparen können.

Wenn man (wonach es freilich nicht aussieht) eine Reform schafft, die die viel zu hohe Steuerquote insgesamt senkt, dann darf natürlich innerhalb des Steuersystems nichts tabu sein. Eine bloße Gegenfinanzierung von Steuersenkungen durch andere Steuern ist aber keine Reform, sondern Augenauswischerei.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2015)

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