Wir wollen volle Aufklärung, nicht das übliche Parteiengezeter

Wer hat bei der Hypo die OeNB-Prüfer ausgeschaltet? Und wer hat die Länder vor Verlusten bewahrt? Der Hypo-Ausschuss könnte interessant werden.

Eigentlich ist der Weg der früheren Kärntner Landesbank Hypo Alpe Adria in die Katastrophe schon ziemlich gut dokumentiert. Nicht zuletzt durch die exzellente Arbeit der Griss-Kommission, in deren öffentlich zugänglichem Abschlussbericht der Weg in die Pleite (beziehungsweise in die Bad Bank Heta) minutiös nachgezeichnet wird.

Wenn der ab heute amtierende parlamentarische Untersuchungsausschuss in diesem Punkt noch Details herausfindet: Gut. Erwarten sollten wir jetzt allerdings die schonungslose politische Aufarbeitung der Affäre. Und zwar nicht im üblichen Sinn, dass Parteienvertreter aufeinander zeigen und „Der war's!“ rufen. Das wäre kindisch. Wir wissen unterdessen, dass in der Causa – in unterschiedlichem Ausmaß– alle Grund zur Selbstgeißelung haben: ÖVP und SPÖ haben Haider und dessen FPÖ/FPK/BZÖ bei deren tolldreisten Treiben abwechselnd als Regierungspartner in Klagenfurt gestützt. Und bei der einstimmigen Ausstellung des Blankoschecks für die irre Haftungsausweitung haben 2004 sogar die frisch in den Landtag gewählten Grünen mitgestimmt. Gegenseitiges Bewerfen mit Dreck würde uns da langweilen.

Was wir wollen, ist eine schonungslose Aufdeckung der politischen Strukturen im Hintergrund, die diesen Skandal überhaupt erst ermöglicht haben.

Uns würde beispielsweise interessieren, wer in der Regierung in Wien dafür verantwortlich war, dass die für die Bankenaufsicht zuständige (pro forma unabhängige) Nationalbank ab den frühen Nullerjahren de facto ausgeschaltet wurde. Die Prüfer dort sind ja keine Deppen, sondern hoch qualifizierte Spezialisten, die – wie unter anderem aus öffentlich gewordenen internen Mailverkehren publik wurde – durchaus gesehen haben, was Sache gewesen ist, das aber ganz offensichtlich nicht in ihre Berichte schreiben durften. Welcher Druck hat die involvierten Notenbank-Chefs Klaus Liebscher (bis 2008) und Ewald Nowotny dazu bewogen einzuknicken, statt die Unabhängigkeit ihrer Institution zu verteidigen? Bei der Gelegenheit wäre gleich auch der politische Hintergrund des immerhin von Vizegouverneur Andreas Ittner unterschriebenen „Not distressed“-Gutachtens zu klären, in dem es vor Widersprüchen und relativierenden Windungen nur so wimmelt.

Und wenn die Parlamentarier schon bei der Notenbank sind, könnten sie vielleicht auch einen Blick auf die „Compliance“ werfen: Beim Blankoscheckbeschluss im Kärntner Landtag hat immerhin der damalige Chef der Klagenfurter Nationalbankzweigstelle – in seiner Funktion als FPÖ-Abgeordneter – für die unbegrenzte Haftungsübernahme mitgestimmt. Unvereinbarer geht es ja wohl nicht mehr.


Noch spannender wäre aber die Klärung der Frage, ob und, wenn ja, welcher Druck aus den Ländern den jetzigen Raiffeisen-Manager Josef Pröll 2009 in die Notverstaatlichung getrieben hat. Immerhin wissen wir aus einem in der „Presse“ neulich veröffentlichten Nationalbank-Papier, dass eine Hypo-Pleite im Jahr 2009 zumindest drei andere Hypos in ernste Bedrängnis gebracht und den Sektor insgesamt 3,4 Milliarden Euro gekostet hätte. Zahler wären die Eigentümer gewesen: überwiegend die Länder, in zwei Fällen aber auch Raiffeisen.

Der Eindruck, dass hier ein paar Landeskaiser sich auf Kosten der gesamtösterreichischen Steuerzahler aus der Verantwortung gestohlen haben, ist da nicht ganz von der Hand zu weisen. Ob er zutrifft, hätten wir gern seriös untersucht.

Ein grundsätzliches Statement erwarten wir natürlich auch zur generellen politischen Verantwortung für krasse Fehlentscheidungen. Denn dass einige der Handaufheber im Kärntner Landtag, die den Haider'schen Haftungsirrsinn erst ermöglicht haben, noch immer in politischen Toppositionen sitzen, als wäre nichts geschehen, ist ja auch kein besonderes Zeichen von politischer Hygiene.

Man sieht: Der Untersuchungsausschuss kann viel bewirken – wenn er will. Hoffen wir für das Land, dass er in die Tiefe geht und nicht im üblichen Parteiengezeter hängen bleibt.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2015)

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