Herr Schelling und das Gesetz des Handelns

Austrian Finance Minister Schelling sits on the government bench during a session of the parliament in Vienna
Austrian Finance Minister Schelling sits on the government bench during a session of the parliament in Vienna(c) REUTERS
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Wir halten dem Finanzminister die Daumen, dass seine Hypo-Lösung durchgeht – und zum Ende des unerträglichen Finanzsozialismus beiträgt.

Gewonnen ist in Sachen Hypo/Heta noch gar nichts. Außer natürlich Zeit: Mit dem Zahlungsmoratorium hat man jetzt etwas mehr als ein Jahr, um entweder mit den Anleihegläubigern der ehemaligen Kärntner Landesbank einen vernünftigen Schuldenschnitt auszuhandeln oder ein Art Insolvenzrecht für Bundesländer nach internationalem Vorbild auszuarbeiten. Am besten beides. Danach werden wir sehen, ob es funktioniert oder ob das endgültige Aus der Hypo-Bad-Bank (die jetzt ja definitiv zur „Dead Bank“ geworden ist) in einem Rattenschwanz von Prozessen endet.

Aber wenigstens tut sich nach fünf Jahren lähmender Untätigkeit etwas: Hans Jörg Schelling ist der erste Finanzminister seit der Notverstaatlichung, der den Handlungsfaden wieder an sich reißt. Und ganz nebenbei Selbstverständlichkeiten, die in den vergangenen Jahren vom PR-Gedröhne der Finanzbranche zugedeckt worden sind, wieder salonfähig macht. Beispielsweise den Umstand, dass das finanzielle Risiko von Finanzprodukten von jenen zu tragen ist, die dafür Zinsen kassieren. Und nicht von unbeteiligten Dritten. Oder dass in Österreich keine gesetzliche Haftung des Bundes für Bundesländerverbindlichkeiten existiert. Und: dass jede Garantie nur so gut wie der Garantiegeber ist – und dass institutionelle Investoren, die (wie im Fall Kärnten) unerfüllbare Garantien akzeptieren, für ihren Fehler auch selbst geradezustehen haben.

So krass ist es ohnehin nicht. Denn natürlich werden wir Steuerzahler den Großteil des Schadens übernehmen. Natürlich werden die institutionellen Hypo-Gläubiger, deren Anleihen ja alle in einem sehr „reifen“ Stadium sind, bei einem Schuldenschnitt von 20 bis 30 Prozent de facto nur auf die Zinsen verzichten müssen, aber kaum Kapitalverluste erleiden. Aber ein Beteiligung von rund drei Milliarden Euro, wie sie sich abzeichnet, ist immerhin ein nettes Trostpflaster.

Was jetzt geschieht, hätte man auch schon früher haben können. In der „Presse“ etwa haben wir den jetzt gesetzten Schritt, unter Androhung des sonstigen Konkurses, mit den Anleihegläubigern über einen vernünftigen Schuldenschnitt zu verhandeln, seit gut zwei Jahren mit gewisser Regelmäßigkeit verlangt. War ja aufgelegt! Die Reaktion war freilich immer die gleiche: „Könn' ma net; woll'n ma net; hamma no nie g'macht; da könnt' ja ein jeder kommen.“

Jetzt scheint es doch zu gehen. Es wird zumindest versucht. Wir wollen jetzt gar nicht die gestern auch aufgetauchten bösartigen Spekulationen kommentieren, dass das auch damit zu tun haben könnte, dass man den großen Hypo/Heta-Knall mit dem Moratorium über das Landtagswahljahr 2015 hinüberschleppen wolle. Die Landeshauptleute haben die Lösung jedenfalls erstaunlich gelassen hingenommen. Immerhin sind sie ja Betroffene: Ihre Hypos haben über die Pfandbriefstelle mehr als eine Milliarde Euro im Heta-Feuer. Dass Landeskaiser sich nicht dagegen wehren, hier mitzahlen zu müssen, ist, wenn man die heimischen Verhältnisse kennt – nun ja, ein bisschen ungewöhnlich.


Hoffen wir also, dass das Moratorium nicht nur eine Art lange Bank wird, sondern am Ende wirklich eine Heta-Abwicklung unter Beteiligung der Gläubiger steht. Denn die in den Nullerjahren groß in Mode gekommene Form des Finanzsozialismus, die sich darin äußert, dass man Gewinne zum Ausschütten von Boni verwendet, Verluste aber nach Möglichkeit sozialisiert, ist wirklich unerträglich geworden. Allein, dass die EU-Länder das Bail-in der Gläubiger – in allen anderen Wirtschaftssparten eine Selbstverständlichkeit – bei Bankenpleiten erst explizit in Abwicklungsregeln schreiben mussten, zeigt ja schon, was da alles schiefgelaufen ist.

Wenn die jetzt skizzierte Heta-Abwicklung wirklich ernst gemeint ist und gegenüber den Hypo-Gläubigern nachhaltig vorangetrieben wird, dann halten wir Herrn Schelling dafür beide Daumen. Ein Gelingen wäre nämlich ein wichtiges Statement dafür, dass die Regeln der Marktwirtschaft sich auch in der Finanzbranche langsam wieder durchsetzen lassen. Ein Signal, das weit über die Hypo-Malaise hinausgeht.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2015)

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