Warum schicken wir Kärnten nicht einfach in die Pleite?

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Nach dem Urteil in München muss man sich dringend fragen, ob man Kärnten tatsächlich aus der Verantwortung für die Hypo entlassen soll.

Es war eine so mutige Ansage, wie man sie von einem österreichischen Politiker selten hört. „Dem Basag“, sagte Reinhold Mitterlehner Anfang März, „muss jetzt ein Lasag folgen.“ Was der ÖVP-Chef damit meinte: Nach dem Gesetz, das die Abwicklung von Banken regelt (Basag), benötige man jetzt auch ein Gesetz, das die Abwicklung von Bundesländern regelt.

Die Aussage hatte deshalb besondere Brisanz, weil sie einen Tag nach dem Hypo-Paukenschlag aus dem Finanzministerium kam: Hans Jörg Schelling hatte alle Zahlungen an die Kärntner Pleitebank eingestellt und indirekt über die FMA ein einjähriges Zahlungsmoratorium verhängt. Die Mitterlehner-Aussage implizierte damit, dass man die Zeit nützen wird, um bis zum Ende dieses Moratoriums ein Gesetz zu erarbeiten, damit man Kärnten in die Pleite schicken kann.

Zum ersten Mal zeigte sich im Chaos rund um die Landesbank so etwas wie politische Vernunft und Handlungsfähigkeit. Denn das Bundesland haftet mit etwa zehn Milliarden Euro für die Hypo. Allen Gläubigern machte man klar, dass sie sich besser freiwillig zu einem massiven Schuldenschnitt bereit erklären oder es bleibt ihnen so gut wie nichts, wenn Kärnten zahlungsunfähig wird.

Wie gesagt: Die Überlegung schien so mutig, dass sie nicht zur österreichischen Politik zu passen schien. Und natürlich war genau das auch der Fall. Anfang Mai ließ der Finanzminister nämlich in einem Interview wissen, dass er einen Konkurs Kärntens „zu 100 Prozent“ ausschließe.

Bei den Gläubigern werden die Korken geknallt haben, weil der Minister damit jedes Druckmittel aus der Hand gab. Die vollmundige Ansage Schellings nach dem Zahlungsmoratorium, die Hypo werde den Steuerzahler keinen Euro mehr kosten, war also nichts anderes als genau das – eine vollmundige Ansage. Denn wenn Kärnten nicht pleitegehen kann, müssen die Gläubiger nicht um die Garantien zittern und sehen auch keine Notwendigkeit, Abstriche zu machen. Am Ende wird ja der Bund einspringen.

Möglicherweise sogar früher als erwartet. Denn ein Detail des Urteils in München Ende vergangener Woche ist in der Aufregung über die vorgeschriebene Zahlung von 2,4 Milliarden Euro der Hypo an die BayernLB fast untergegangen: Die Richterin stellte fest, dass die Heta keine Bank ist, daher das Bankenabwicklungsgesetz nicht zur Anwendung kommen könne und alle Abwicklungspläne des Bundes damit hinfällig sind (das Urteil ist noch nicht rechtskräftig). Sie bestätigte die Zweifel, die schon unmittelbar nach der Verhängung des Zahlungsmoratoriums geäußert wurden.

Warum lösen wir das Problem nicht dadurch, dass wir Kärnten in die Pleite schicken? Eingebrockt hat uns die Probleme ein größenwahnsinniger Landespolitiker der FPÖ, der bei seinem närrischen Treiben von SPÖ und ÖVP unterstützt wurde. War ja schön, einen eigenen Bankomaten zu haben, aus dem sich die Landespolitik Geld holen konnte: für einen Teuerungsausgleich, für ein Jugendstartgeld, für 500 Euro Babygeld.

Auch in den anderen Ländern sind die Hypos ein Instrument der Politik. Und nach Schellings Konkursentwarnung kann es weitergehen wie bisher: Die Folgen von Fehlspekulationen oder Großmannsucht bleiben schließlich nicht dem Bundesland, sondern können elegant dem Bund umgehängt werden. Und da könnte noch einiges auf uns Steuerzahler zukommen: Insgesamt machten die Bankenhaftungen der Länder Ende 2013 mehr als 40 Mrd. Euro aus.

Insolvenzen von Gemeinden oder ganzen Bundesstaaten sind international keine Seltenheit. Man wird deshalb keine Schulen und Spitäler in Kärnten sperren müssen, aber es wäre unter anderem der aus dem Hypo-Verkauf gespeiste Zukunftsfonds dran und auch andere Bundesländer bekämen Probleme. Aber die wollen ohnehin Steuerhoheit. Sollen sie ihren Bürgern ruhig erklären müssen, warum in ihrem Bundesland höhere Steuern zu bezahlen sind. Damit wären Landespolitiker erstmals finanziell für ihr Agieren selbst verantwortlich – und deshalb wehren sie sich auch gegen diese Lösung. Ist ja viel netter, wenn man prassen kann und am Ende Papa Staat zahlt.

E-Mails an:norbert.rief@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2015)

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