Neue Treibjagd auf Mütter und der Tussifaktor der SPÖ

Fabry
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Frauen, die sich selbst um die Kindererziehung kümmern wollen, wird das vergällt. Angeblich Fortschrittliche wollen Eltern lieber zwangsbemuttern.

Es gibt ein politisches Leben abseits von Griechenland-Rettungsaktionen und Dramen um Flüchtlingsquartiere und Quoten. So gesehen ist den beiden Ministerinnen Gabriele Heinisch-Hosek und Sophie Karmasin zu danken, dass sie mit ihrer via ORF-Radio öffentlich ausgetragenen Debatte das Interesse in der Julihitze auf ein Thema gelenkt haben, das diese Aufmerksamkeit verdient. Es geht um die bestmögliche Form der Kinderbetreuung. Im Vordergrund sollten die Kinder selbst stehen – und Mütter und Väter.

Ein stärkeres Einbeziehen von Vätern in die Kinderbetreuung, wie dies beide Ministerinnen anstreben, wird auch von einem größer werdenden Teil der jetzigen Vätergeneration gewünscht. Gleichzeitig steht aber ein großer Teil der heutigen Familien zu Recht dem Ansinnen ablehnend gegenüber, dass der Staat Männern per gesetzlichen Regeln Erziehung, Windelwechseln und Breibereiten vorschreiben will.

Darauf läuft das Vorhaben von Frauenministerin Heinisch-Hosek hinaus. Die SPÖ-Frauenvorsitzende möchte nämlich Familien durch den Wegfall eines Teils des Kinderbetreuungsgeldes saftig bestrafen, wenn der Vater nicht in Karenz geht. Das ist Zwangsbemutterung durch den Staat anno 2015. Jenen Eltern, die nichtlaut dem Wunschbild der SPÖ-Politikerin spuren, würde eine schöne Summe des Kindergeldes, immerhin fast ein Drittel, gestrichen. Damit werden dann gleich das Kind und die Mutter mitbestraft. Dagegen hat sich Familienministerin Karmasin richtigerweise entschieden verwahrt.


Am Mittwochmittag bemühte sich Heinisch-Hosek dann mittels eigener Presseaussendung um Beruhigung. „Alleinerziehende dürfen nicht benachteiligt werden“, versicherte sie. Von jenen Frauen, die ihr Baby in einer Partnerschaft großziehen, war in der Klarstellung keine Rede. Diese sollen dann eben schauen, wie sie mit dem gekürzten Geld für den Haushalt zurande kommen.

Dabei ist das 2002 von der schwarz-blauen Regierung eingeführte Kinderbetreuungsgeld inklusive einiger wichtiger Nachjustierungen in den vergangenen Jahren ein positives Beispiel dafür, dass der Staat erwachsenen, mündigen Menschen Entscheidungsfreiheit lässt. Es werden fünf Varianten für den Bezug angeboten: von der Langversion mit 36Monaten bis zur Kurzform mit 14Monaten unter zweimonatiger Väterbeteiligung. Da braucht es keine staatliche Obrigkeit, die im Stil einer Domina Väter und damit die gesamte Familie zur Karenzteilung peitscht.

Solche Ideen passen freilich zu Tendenzen angeblich fortschrittlicher Politiker(innen), die den Frauen grundsätzlich ausreden wollen, länger bei ihrem Kind daheimbleiben zu wollen. Es soll ja tatsächlich noch Mütter, auch in Absprache mit den Vätern, geben, die sich selbst zweieinhalb Jahre um ihr Kind kümmern wollen – und dieses Erlebnis genießen. Es gibt in Österreich außerdem Zigtausende Mütter (und etliche Väter), die in ihrer Lebensplanung eine längere Phase mit Teilzeitarbeit vorsehen, um das Erwachsenwerden eines Kindes intensiv mitzuerleben.


Inzwischen findet auf solche Mütter nicht nur hierzulande schon eine Art politische Treibjagd statt. Bei dieser müssen sich Betroffene nahezu rechtfertigen, warum sie ihr Baby nicht längst in der Kinderkrippe abgeliefert haben. Es funktioniert bei SPD-Politikerinnen und ihren Claqueuren in Deutschland so, dass etwa das Betreuungsgeld als „Herdprämie“ verunglimpft wird. Frei nach dem Motto „Die lässt sich von ihrem Mann dazu verdonnern, daheim zu versauern“.

In Österreich funktioniert die Treibjagd vor allem, indem Teilzeitarbeit per se als Teufelswerk verdammt wird. Ganz so, als gäbe es nicht viele – auch intelligente und gut ausgebildete Mütter –, die sich bewusst für diese Arbeitsform entschieden haben. Diesen Frauen ist auch bewusst, dass kürzere Arbeitszeit und weniger Lohn später auch weniger Pension bedeuten. Für die SPÖ gilt hingegen der Tussifaktor. Sie und ihre Politikerinnen halten Mütter und Väter grundsätzlich für zu dämlich, das bei entsprechendem Angebot selbst zu entscheiden.

E-Mails an: karl.ettinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2015)

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