Die Lust an der Reform des Bundesheeres

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Verteidigungsminister Gerald Klug kündigt eine neue Heeresreform an. Dabei wissen wir nicht einmal, was bei der alten herausgekommen ist.

Das Bundesheer wird wieder einmal reformiert. Dabei ist es selbst für den informierten Betrachter schwer nachvollziehbar, ob die letzte und die vorletzte Reform überhaupt schon zur Gänze umgesetzt wurden und ob sie erfolgreich waren. Zur Erinnerung: Bei der vorletzten Reform handelt es sich um „Bundesheer 2010“, jene Reform unter Leitung des inzwischen verstorbenen Wiener Altbürgermeisters Helmut Zilk, die dem Heer ein völlig neues Gesicht geben sollte. Die letzte Reform wurde nach der Berufsheer-Volksbefragung initiiert und sollte zu einer Verbesserung des Grundwehrdienstes führen.

Dass wir das Ergebnis dieser Reformschritte nicht kennen, ist ein schweres Versäumnis des Verteidigungsministeriums: Es fehlt nämlich eine Evaluierung von unabhängiger Stelle. Ist der Grundwehrdienst nun besser als vorher? Gibt es mehr Präsenzdiener, die eine sinnvolle Tätigkeit ausüben? Oder hat sich die Reform auf die Ausgabe von Badeschlapfen beschränkt? Wir wissen es einfach nicht.

Auch bei „Bundesheer 2010“ wäre es interessant zu erfahren, ob sich der große Aufwand gelohnt hat – oder ob die Abschaffung der verpflichtenden Milizübungen und die damit verbundene De-facto-Abschaffung der Miliz das einzige, eher zweifelhafte, Resultat war.

In einem Teilbereich kann man schon Bilanz ziehen: Der Verkauf der Bundesheer-Liegenschaften, der jetzt zu einem großen Teil abgeschlossen ist, brachte bisher Einnahmen von rund 330 Millionen Euro. Das ist deutlich weniger als die ursprünglich erhoffte Milliarde. Vor allem aber: Diese Mittel sollten als Anschubfinanzierung für eine technologische Modernisierung des Heeres dienen. Dafür ist das Geld aber nicht verwendet worden. In etlichen Bereichen, insbesondere bei den Fliegern, hat das Bundesheer heute eine veraltete Ausrüstung und muss auf zusätzliche Mittel aus dem Budget hoffen. Ob es sinnvoll war, dafür wesentliche Substanzwerte des Bundesheeres zu verscherbeln, darf bezweifelt werden.

Die jetzt angekündigte neuerliche Reform ist sofort auf Kritik gestoßen – vor allem aus dem Offizierskorps. Das kann aber auch an der persönlichen Betroffenheit liegen: Verteidigungsminister Gerald Klug will die Karrieremöglichkeiten deutlich einschränken. Es wird nicht mehr so viele Offiziere im Generalsrang (Brigadier, Generalmajor, Generalleutnant, General) geben. Abteilungsleiter im Ministerium werden nur noch Oberst sein. Und auch der Weg dorthin wird länger dauern.

Ausgetragen wird die Debatte freilich auf einer anderen Ebene: Dass dem Generalstabschef Kompetenzen entzogen werden, sei eine Schwächung des Militärischen gegenüber den Zivilisten im Ministerium. Logischer scheint eine andere Sichtweise: Der Minister wollte eine ungesunde Machtkonzentration zumindest aufweichen. Denn von den Kompetenzen her ist der Generalstabschef in Österreich eigentlich ein kleiner Verteidigungsminister.

Die eigentliche Herausforderung bei der Reform wird es sein, die angekündigte Stellenkürzung im Ministerium von rund 1000 auf 660 Posten sinnvoll umzusetzen. Denn wenn die betroffenen Personen nur in eine nachgeordnete Dienststelle verschoben werden und dort das Gleiche machen, bringt das wenig. Ebenso, wenn sie „900er“ werden. Das sind in der Systematik des Verteidigungsressorts Beamte, die keine Aufgabe und keinen Arbeitsplatz mehr haben, aber weiterhin ihr volles Gehalt beziehen.


Zumindest bei dieser Reform wird man vom Verteidigungsministerium eine Evaluierung der getroffenen Maßnahmen einfordern müssen. Derartiges ist in der Wirtschaft üblich und auch in anderen Ministerien nicht ganz unbekannt. Beim Bundesheer wäre es aber besonders notwendig. Anderswo merkt man nämlich die Auswirkungen, wenn etwas nicht funktioniert. In der Schule etwa sieht man an den Absolventen, ob sie das können, was sie können sollen. Die Qualität der Wirtschaftspolitik lässt sich gut an den Wirtschaftsdaten im internationalen Vergleich messen. Beim Bundesheer merkt man die Auswirkungen nicht im Alltag, sondern erst im Ernstfall, wenn es tatsächlich gebraucht wird. Und dann ist es zu spät.

E-Mails an:martin.fritzl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2015)

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