Das schwere Vermächtnis des Michael Spindelegger

(c) APA/EPA/OLIVIER HOSLET
  • Drucken

Ob Hypo-Sanierungsgesetz oder Casino-Lizenzen: Das Wirken von Finanzminister Spindelegger war höchst fragwürdig. Aber es passt ins Bild.

So ziemlich alles läuft schief, nichts will gelingen. Kennen Sie das? Natürlich, wer denn nicht. Finanzminister Hans Jörg Schelling beispielsweise erlebt gerade so eine Pechsträhne. Am Montagabend, bei einem Interview für die „ZiB 2“, wirkte er auch entsprechend zermürbt.

Da hatte er wohl schon geahnt, was ihm tags darauf blühen würde: Die Höchstrichter haben das Hypo-Sanierungsgesetz für verfassungswidrig erklärt und gekippt. Es sah einen kompletten Schuldenschnitt bei sogenannten Nachranganleihen in Höhe von 890 Millionen Euro und bei den Bayern-Forderungen in Höhe von 800 Millionen Euro vor. Daraus wird nun doch nichts, was für Österreich einigermaßen peinlich ist.

Schlechte Nachrichten von der Justiz hat der Finanzminister aber auch schon in der vergangenen Woche erhalten: Da schmiss ihm das Bundesverwaltungsgericht die Vergabe von drei Glücksspiel-Lizenzen zurück. Die waren ja an Novomatic beziehungsweise an eine schweizerisch-deutsche Investorengruppe vergeben worden. Die Bescheide seien fehlerhaft gewesen, hieß es in der Begründung. Das hat was: Der sogenannte Glücksspielbeirat hatte seinerzeit die Casinos Austria für alle drei Lizenzen als Favorit gereiht. Dass der Konzern dann doch nicht zum Zug kam, warf zumindest Fragen auf.

Wie auch immer – jedenfalls eine veritable Pechsträhne für den Finanzminister. Oder sagen wir es anders, sagen wir es direkter: Hans Jörg Schelling kiefelt gerade am schweren Erbe seines Vorgängers, Michael Spindelegger. Und mit ihm kiefelt das ganze Land, zumindest was die Hypo betrifft.

Unter Finanzminister Spindelegger erfolgte die reichlich seltsame Vergabe der Casino-Lizenzen. Unter Finanzminister Spindelegger wurde das schon seinerzeit skeptisch beäugte Hypo-Sanierungsgesetz aus der Taufe gehoben.

Was sagt uns das alles? Dass das nun einmal so ist in der Politik? Der eine geht, der andere kommt? Jeder setzt seine eigenen Akzente? Mag schon sein. Aber muss da gleich das Image eines ganzen Landes ramponiert werden?

Durchaus – eingedenk der Vorgeschichte: Im Frühling 2011 wurde Michael Spindelegger Vizekanzler und ÖVP-Chef. Weil bekanntlich der mächtige niederösterreichische ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll ganz versessen auf ihn war. Logisch, jedenfalls nach den ungeschriebenen Gesetzen der Volkspartei: Es sollte ein Niederösterreicher ran, außerdem musste den Ansprüchen der Bünde – diesmal des ÖAAB – Genüge getan werden. Spindelegger war also der „perfekte“ Kandidat.

Dass er als Politiker nicht gehalten hat, was sich einige von ihm versprochen haben, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Macht nichts: Es dauerte nicht lang, bis ihm Parteistrategen einredeten, seine Funktion als Außenminister sei nicht das Gelbe vom Ei. Eh schon wissen: Breitenwirkung und so. Spindelegger machte sich also daran, seine Vorgängerin, Maria Fekter, als Finanzministerin abzusägen. Ein höchst langwieriges Unterfangen. Aber Spindelegger blieb dran – er musste ja das Gesicht wahren. Er setzte sich schlussendlich durch. 2013 wurde er Finanzminister. Machtkampf gewonnen.

Hat er sich je die Frage gestellt, ob er das auch wirklich kann? Vermutlich nicht. Ebenso wenig wie seine Vorgänger. Der Rest ist Geschichte.

Wohlgemerkt: eine für das Land traurige Geschichte. Im Falle Spindeleggers lief sie so ab: Er kam ins Finanzministerium und musste dort mit einem qualitativ ausgedünnten Beamtenapparat fertig werden. Maria Fekter hatte nämlich in puncto Machtpolitik durchaus ihre Hausaufgaben gemacht: Schnell installierte sie noch treue Mitarbeiter aus ihrem seinerzeitigen Innenministerium (!) als Beamte – als Retourkutsche an Spindelegger. Der wiederum suchte sich seine eigenen Leute – nach dem Kriterium Parteitreue und CV-Mitgliedschaft.

Das Finanzministerium wurde also zur Spielwiese für machtpolitische Schachzüge – mit einem fachlich überforderten Ressortchef. Und da sollen gravierende Probleme der Republik in Angriff genommen werden? Da lachen ja die Hühner. Wenn's bloß lustig wäre.

E-Mails an:hanna.kordik@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.