Wenn ÖVP, FPÖ und SPÖ in die Mottenkiste greifen

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Groß ist die Aufregung um die ausschließlich männliche Landesregierung in Oberösterreich. Doch das Problem wird sich von selbst lösen.

Bitte Ruhe bewahren, einen Schluck Wasser trinken, hinsetzen, durchatmen. Gut so. Und jetzt wollen wir versuchen, den Tatsachen ganz unaufgeregt ins Auge zu blicken: Wir befinden uns im 21. Jahrhundert. Und ja: Die oberösterreichische Landesregierung besteht ausschließlich aus Männern.

Keine Frage: Das ist befremdlich und sonst gar nichts. Aber muss die SPÖ deswegen gleich wieder reflexartig nach einer gesetzlichen Regelung rufen? Am Wochenende ist genau das passiert: SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und ihre Parteikollegin, Nationalratspräsidentin Doris Bures (wo blieb eigentlich der Aufschrei sozialdemokratischer Männer?), haben flugs gesetzliche Frauenquoten im Parlament sowie in den neun Landtagen gefordert. Und sie haben zumindest angeregt, solche Quoten auch in Bundes- beziehungsweise Landesregierungen verbindlich durchzusetzen.

Das ist nicht minder sonderbar. Wir dachten nämlich, dass Wahlsonntage da in gewisser Weise Wunder wirken können. In einer Demokratie funktioniert das ja üblicherweise so: Eine Partei ergreift gewisse Maßnahmen, setzt bestimmte Akzente, sendet besondere Signale – und der Wähler sowie die Wählerin quittieren diese alle paar Jahre im Wahllokal mit ihrer Stimmabgabe.

Am Beispiel der ÖVP beziehungsweise FPÖ Oberösterreich: In einigen Jahren werden die Wähler den beiden Regierungsparteien recht eindeutig mitteilen können, was sie davon halten, dass die FPÖ erst gar keine Frau für einen Regierungssitz vorgesehen hatte. Und dass die ÖVP ihre einzige Kandidatin „opferte“, um die Parteibünde ruhigzustellen.

Die beiden oberösterreichischen Parteien haben damit jedenfalls recht anschaulich demonstriert, was sie unter zeitgemäßer Personalpolitik verstehen. Man kann diese in Ordnung finden oder auch nicht. Im Wahllokal werden die Antworten dazu gegeben werden. Nicht mehr und nicht weniger. Wozu braucht es da, bitte schön, ein Gesetz?

Womit wir bei jenen Frauenquoten wären, die es in Österreich bereits gibt. In der Wirtschaft, nämlich. Seit 2011 gibt es die sogenannte Selbstverpflichtung der Politik zu einer Frauenquote in Aufsichtsräten staatsnaher Unternehmen. Das Ziel: Bis zum Jahr 2018 soll der Anteil von Frauen in den Kontrollgremien bei 35 Prozent liegen.

Das ist immer noch umstritten. Und damit sind nicht die sattsam bekannten Argumente (vor allem vieler Männer) gemeint, die gern süffisant fragen, ob „fachlich kompetente Frauen das denn notwendig haben“ und in einem Atemzug den „allgemeinen Gender-Wahnsinn“ anprangern.

Vielmehr ist es so, dass in jenen Ländern, in denen es gesetzliche Frauenquoten schon länger gibt, die Saat nicht ganz aufgegangen ist: In Norwegen, das dabei eine Pionierrolle übernommen hat, macht sich jedenfalls ordentlich Ernüchterung breit. Viele börsenotierte Unternehmen – für die das Gesetz gilt – haben postwendend der Börse den Rücken gekehrt. Und das einstige Kalkül der Gesetzgeber – nämlich dass mehr Frauen in Aufsichtsräten auch zu mehr Frauen im operativen Topmanagement führen werden – ist Schall und Rauch. Es ist schlicht und einfach nicht passiert.

Was sagt uns das? Viele werden den Schluss ziehen, dass gesetzlich vorgeschriebene Frauenquoten in der Wirtschaft ineffektiv und daher abzulehnen sind.

Man kann es aber auch so sehen: Frauenquoten in Aufsichtsräten haben zwar noch lang keine Diskriminierung verhindert. Aber sie haben immerhin wachgerüttelt, sensibilisiert, die Augen geöffnet.

Und damit empfinden viele die neue, männliche Landesregierung in Oberösterreich als dreist, als irritierend, als unerträglich.

Gut so. Aber lassen wir das Ganze doch einfach so stehen. Lassen wir die Finger von neuen Quotengesetzen. Die Antwort der Wähler ist immer noch das beste Regulativ.

Kleiner Tipp: Wer mit Spitzenkandidatinnen ins Rennen geht, erspart sich viel Ärger. Und neue Gesetze.

E-Mails an: hanna.kordik@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2015)

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