Kann ein enthemmter Clown wie Trump Präsident der USA werden?

Republican Presidential Candidate Donald Trump Campaign Rally
Republican Presidential Candidate Donald Trump Campaign Rally(c) Bloomberg (Andrew Harrer)
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Der Umfrageerfolg des Brachialpopulisten Donald Trump zeigt, dass es im Zeitalter der Wutbürger und Freakshow-Demokratie immer noch tiefer geht.

Trump, Trump, immer nur Trump. Im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf dreht sich bisher alles nur um den verhaltensauffälligen Milliardär mit dem gelben Haar. Donald Trump beherrscht eine Fernsehdebatte der republikanischen Kandidaten sogar dann, wenn er gar nicht dabei ist. Mehrmals nahmen seine Konkurrenten in ihrer Diskussion auf den fehlenden Clown in ihrer Mitte Bezug, als ob sie ohne ihn gar nicht mehr auskämen. Die Kommentatoren stellten sich nachher nur eine Frage: Hat es Donald Trump geschadet oder womöglich gar genützt, die letzte große TV-Konfrontation vor der Vorwahl am 1. Februar in Iowa zu boykottieren, da ihm eine Moderatorin nicht behagte?

Es ist unvorstellbar, dass ein unerzogener und enthemmter Exzentriker wie Donald Trump nach der Wahl am 8. November ins Weiße Haus einzieht. Und doch führt der Immobilientycoon nach wie vor in allen Umfragen das Feld der republikanischen Präsidentschaftsanwärter an. Der Sieg in Iowa dürfte ihm nicht zu nehmen sein, und ein paar Tage später in New Hampshire wohl auch nicht. Langsam wird es unheimlich, offenbar auch für den Maniac-in-Chief selbst. „Ich könnte mitten auf der Fifth Avenue stehen und auf jemanden schießen, ich würde trotzdem keine Wähler verlieren“, prahlte Trump neulich.

Es ist sein Erfolgsrezept, alle Regeln des Anstands und der zivilisierten Auseinandersetzung zu brechen. So schafft er Aufmerksamkeit. Je schriller, grotesker, primitiver, polternder, desto besser. Er kann ungestraft Mexikaner pauschal als Vergewaltiger und Drogenhändler beschimpfen, ein Einreiseverbot für Muslime verlangen, sich abschätzig über das Äußere einer Mitbewerberin äußern und Frauen als „fette Säue“ verunglimpfen, er kann unterirdische Schubladen ziehen, und seine Zustimmungsraten steigen trotzdem. Das Reservoir frustrierter, zorniger, weißer Amerikaner ist offensichtlich ziemlich groß, und Trump pumpt es hemmungslos ab.

Auch Europa hat seine schrecklichen Vereinfacher. Der Populismus ist beileibe nicht auf die USA beschränkt. Die Stunde der Clowns schlägt auf der ganzen Welt, von Guatemala bis Italien. Politik ist in vielen Demokratien zur Freakshow verkommen, zum grellen Unterhaltungsprogramm für enttäuschte Wutbürger. Wer nur deftig und heftig genug gegen das Establishment wettert, dem fliegen die Herzen der Zu-kurz-Gekommenen zu. Und davon gibt es in Gesellschaften mit stagnierenden Durchschnittseinkommen viele. Einen Leistungsnachweis müssen die aggressiven Dampfplauderer nicht erbringen, nur flotte Sprüche. Der Tabubruch bringt Quote, dem Narren gehört die Bühne. Trump ist ein Beweis dafür, dass es immer noch tiefer geht.


Es ist schlimm genug, sich ernsthaft Gedanken machen zu müssen, ob ein Brachialpopulist wie Trump tatsächlich Oberbefehlshaber der USA werden kann. Doch es bleibt äußerst unwahrscheinlich, dass er eine Mehrheit bei Präsidentschaftswahlen gewinnen kann. Mit Trump als Spitzenkandidaten haben die Republikaner kaum eine Chance. Schon allein aus demografischen Gründen brauchen sie die Stimmen der Hispanics, die Trump vor den Kopf stößt. Also werden die Republikaner jemanden ins Rennen schicken, der gegen die voraussichtliche Kandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, reüssieren kann. Aus heutiger Sicht wäre das Marc Rubio.

Nicht zum ersten Mal liegt zu Beginn der US-Vorwahlsaison ein Außenseiter vorn: 2008 gewann Mick Huckabee in Iowa, 2012 zunächst Rick Santorum. Ihr Stern sank schnell. Trump indes wird die Amerikaner sicher länger beschäftigen.

Das System der Vorwahlen ist jedoch bereits jetzt ad absurdum geführt. Anhänger der Auswahlverfahren argumentieren gern, dass auf diese Weise Bewerber auf Herz und Nieren geprüft werden können. Bei Trump war schon an Tag eins seiner Kandidatur – im Juni 2015 – klar, dass er für das Präsidentenamt völlig ungeeignet ist. Seine Fehler stellt er ungeniert zur Schau. Es stört bisher bloß nicht genug Wähler. Amerika könnte viel Zeit, Energie und Nerven sparen, wenn es die Wahlkampfzeit beschränkte. Ein paar Monate Theater mit einem Darsteller wie Trump wären erschöpfend genug. Die Aufführung muss wirklich nicht deutlich länger als ein Jahr dauern.

E-Mails an: christian.ultsch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2016)

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