Die Fortschreibung einer reichlich fantasielosen Politik

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Der Budgetrahmen bis 2020 sieht nicht so aus, als wollte Österreich den Vorwärtsgang einlegen oder gar mit seinen Einnahmen auskommen.

Man sollte den Finanzrahmenplan bis 2020, den die Regierung gestern beschlossen hat, nicht überbewerten: Das ist eine nette Sammlung von prognostizierten Daten, die eintreffen können oder auch nicht. Meist trifft Zweiteres zu. Eine Pflichtübung, die sein muss, weil man erstens Daten für die Meldung nach Brüssel braucht und es zweitens ohne mehrjährige Planung sowieso nicht geht. Eine Art budgetärer langfristiger Wetterbericht.

Wir wollen jetzt also nicht auf Zahlen herumreiten, deren Relevanz wir im Extremfall erst 2021 überprüfen können. Sondern uns auf die sichtbar werdenden Trends konzentrieren.

Zusammenfassend kann man jedenfalls sagen, dass die Regierung auch in den kommenden vier Jahren nicht die Absicht hat, mit den Staatseinnahmen auszukommen. Defizite, wenn auch nicht allzu große, sind fix eingeplant – obwohl die Pensionsaufwendungen um mehr als 800 Mio. Euro jährlich langsamer steigen als befürchtet, man also Spielraum hätte.

Das lässt sich jetzt mit unerwarteten Mehrausgaben beispielsweise für Flüchtlinge und Arbeitsmarkt durchaus argumentieren, aber man sieht im Finanzrahmen auch keinerlei Ambitionen, das Ausgabenproblem, das Finanzminister Schelling als offenbar Einziger in der Regierung sieht und auch benennt, durch Effizienzsteigerungen in den Griff zu bekommen.

Im Gegenteil: Zum Ausgabenproblem gesellt sich auch noch ein immer deutlicher sichtbar werdendes Einnahmenproblem, denn ganz offensichtlich wird die Gegenfinanzierung der Steuerreform nicht ganz das halten, was man sich von Registrierkassen und mehr Finanzfahndern versprochen hat. Der Chef des Fiskalrats hat in dem Punkt in der „Presse“ zuletzt ja deutliche Worte gefunden.

Der Rahmenplan ist zudem ein wenig, nun, sagen wir, lückenhaft. Die Mehrausgaben für die Flüchtlingswelle des vergangenen Herbstes (1,2 Mrd. Euro pro Jahr) sind beispielsweise nur bis 2017 berücksichtigt. So, als ob das Problem dann einfach verschwinden würde. Und bei den Lehrergehältern hat man eine „strukturelle Lücke“, deren Umfang (550 Mio. Euro) man für 2016 schon kennt, einfach ignoriert. Wozu gibt es denn das schöne Instrument des Nachtragshaushalts, nicht wahr?

Deutlich aufgestockt wird übrigens das Geld für die Arbeitsmarktverwaltung – also für die Verwaltung der steigenden Arbeitslosigkeit. Nicht viel Bewegung gibt es dagegen bei den Budgets für Schulen und Universitäten. Wozu auch, läuft ja ohnehin alles bestens, nicht? Wer braucht schon Bildung für Industrie 4.0?


Kurzum: Was wir hier sehen, ist Budgetbusiness as usual. Eine Fortschreibung der Politik, für die die Regierung bei Wahlen zu Recht immer stärker abgewatscht wird. Dass der Finanzminister, der ja auch sonst viel von Reformen redet, öffentlich Unmut über Teile dieses Werks geäußert hat, ist bemerkenswert und ehrt ihn. Aber ein Finanzminister macht eben noch keine Reformregierung.

Und wie der Budget-Mainstream in der Regierung läuft, hat ja Kanzleramtsminister Ostermayer am Montag in der „ZiB 2“ durchblitzen lassen, als er gemeint hat, ohne Hypo Alpe Adria hätte man „sehr viel Geld“, nein, nicht für die Budgetsanierung, sondern für dieses und jenes zur Verfügung gehabt.

Dass derzeit sehr viel Geld, das man ohne das gefürchtete Kaputtsparen heben könnte, in föderalen Parallelstrukturen, im Förderwesen, in überbürokratisierter Verwaltung versickert – davon redet keiner. Man könnte ja irgendeinem Klienten wehtun.

Das ist, wie gesagt, Budgetpolitik alt. Gut, der Finanzrahmen war zum Zeitpunkt der großkoalitionären Wahlkatastrophe am Sonntag schon fertig. Aber wir erwarten jetzt eigentlich, dass die Regierung, Budgetrahmen hin oder her, endlich budgetäre Akzente setzt, die dieses Land wirklich weiterbringen. Die bloße Finanzierung des Stillstands und der Bedürfnisse verschiedener Klientelgruppen mittels Staatsschulden hatten wir lang genug. Viele Chancen gibt es nicht mehr. Die Nagelprobe wird jetzt wohl der gerade verhandelte Finanzausgleich.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2016)

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