Das Problem der SPÖ ist nicht – nur – Werner Faymann

Austrian Chancellor Faymann listens during a news conference after a cabinet meeting in Vienna
Austrian Chancellor Faymann listens during a news conference after a cabinet meeting in ViennaREUTERS
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Wer immer in der Löwelstraße nachfolgt, wird den Konflikt zwischen links und rechts in der Partei lösen müssen. Ein Konflikt, der kaum zu lösen ist.

Bei Lichte besehen hatten die Linken in der SPÖ, von der Sozialistischen Jugend aufwärts, noch mit jedem Parteivorsitzenden ein Problem: Alfred Gusenbauer, der Promotor der „solidarischen Hochleistungsgesellschaft“ wurde weggemobbt, Proteste gegen seine Zustimmung zu Studiengebühren führten bis an seine Wohnungstür. Viktor Klima – Dritter Weg, Blairismus, Aussöhnung zwischen Sozialismus und Kapital – ging sowieso gar nicht. Auch Franz Vranitzky, der Bestatter der Verstaatlichten, wurde verächtlich Nadelstreifsozialist genannt. Lediglich seine Anti-Haider-Haltung verschaffte ihm bei der Parteilinken Renommee. Und selbst Bruno Kreisky wurde seinerzeit nur SPÖ-Chef, weil ihn die eher rechten Genossen aus den Bundesländern auf den Schild hoben. Später demonstrierte dann sein eigener Sohn gegen ihn – anlässlich des Besuchs von Richard Nixon. Und ohne Kreisky gäbe es auch die Grünen nicht, die sich als Widerstand von links gegen seine Regierung zu formieren begonnen hatten.

So gesehen müsste sich Werner Faymann keine größeren Gedanken machen. Muss er allerdings doch. Denn so massiv artikuliert wurde der Unmut selten.

Am 1. Mai ist ein Konflikt offen zutage getreten, der seit Langem gärt. Jener zwischen links und rechts, zwischen den „Rücktritt“-Taferl-Haltern aus der akademischen Mittelschicht und den „Werner, der Kurs stimmt“-Taferl-Schwenkern aus den Arbeiterbezirken. Michael Häupl als Person kann diesen Konflikt noch irgendwie übertünchen. Werner Faymann kann das nicht. Lang war er eine Art kleinster gemeinsamer Nenner seiner Partei. Eine echte Integrationsfigur war er nie.

Und die für ihn bittere Pointe: Einmal tut er das Gegenteil von dem, was ihm bisher zu Recht angekreidet wurde – und genau das wird ihm letztlich zum Verhängnis. Denn in der Flüchtlingspolitik hat Faymann tatsächlich einmal Politik gemacht, Pflöcke eingeschlagen im wahrsten Sinn des Wortes. Doch seither kommt seine Partei nicht mehr zur Ruhe.

Egal, wer Werner Faymann nachfolgt: Auch er wird diesem Konflikt nicht entkommen. Die entscheidenden Fragen lauten: Wie hältst du es mit der Flüchtlingspolitik? Und wie hältst du es mit der FPÖ? Wenn diese Fragen beantwortet sind, dann warten die noch wesentlich essenzielleren: Wie hältst du es mit Marktwirtschaft und Wettbewerb, mit Schuldenpolitik und dem Umbau des Sozialstaats?

Eine solche Richtungsentscheidung zwischen Ideologie und Pragmatismus wurde bisher aufgeschoben. Den Preis einer Spaltung wollte keiner zahlen. Sie steht mittlerweile dennoch im Raum. Und es ist keine Person in Sicht, die die Unterschiede zwischen der Niessl-SPÖ und der Wehsely-SPÖ aufheben könnte. Kurzfristig vielleicht – doch nach üblicher Anfangseuphorie wird der Konflikt erneut aufbrechen. Zwangsläufig.

Man kennt Ähnliches ja aus der ÖVP. Nach der grauen Spindelegger-Zeit herrschte Aufbruchstimmung, als Reinhold Mitterlehner die Partei übernahm. Sie ist verpufft. Mitterlehner sitzt zwar mangels Alternative – es gibt nur Sebastian Kurz – fester im Sattel als Faymann, aber auch ihm gelingt es nicht, die Wähler von der Notwendigkeit der ÖVP zu überzeugen. Möglicherweise ist er nur noch dazu da, als Letzter das Licht abzudrehen. Möglicherweise ist die Zeit der großen Volksparteien einfach vorbei.

Immerhin: Die ÖVP hat nicht das Problem einer solchen Links-rechts-Dichotomie wie die SPÖ. Doch ihr historischer Anspruch, irgendwie für alle da zu sein, also eine echte Volkspartei zu sein, endete irgendwann im Klientelismus. Auch daran dürfte man sich mittlerweile sattgesehen haben.

E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2016)

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