Trump bleibt Trump – sein einziger Trumpf ist der Schmutzwahlkampf

Die Republikaner versuchen in einem Verzweiflungsakt, den ungeliebten Kandidaten noch zu stoppen. Dafür ist es jetzt zu spät – und es wäre unredlich.

Neulich feierte Donald Trump seinen 70. Geburtstag, und es blieb ungewöhnlich ruhig um den egozentrischen Milliardär. Die wahre Party soll ja ohnedies erst in vier Wochen über die Bühne gehen, bei der Kür des Präsidentschaftskandidaten beim republikanischen Parteikonvent in Cleveland, im traditionell erbittert umkämpften Bundesstaat Ohio. Die Krönungsmesse will Trump – wie könnte es anders sein – als Show im ganz großen Stil inszenieren, samt Hollywood- und Pop-Stars und am besten mit dem größten Sohn der Stadt, Basketball-Galionsfigur LeBron James. Dies soll ihm den erhofften Schub für die heiße Wahlkampfphase bringen – und den hat er derzeit auch dringend nötig.

Denn momentan läuft es ganz und gar nicht rund für ihn und seinen Wahlkampf. In der Manier seiner TV-Show feuerte „The Donald“ zuletzt seinen Wahlkampfmanager, was stets ein Zeichen der Nervosität und der internen Zerrüttung über Richtung und Strategie der Kampagne ist. Dass sich nach Ende der Primary-Saison die Ausgangsposition für das Trump-Team doch als eher inferior erweist, lässt sich nicht durch flotte Sprüche und derbe Zoten – die Spezialitäten Trumps – kaschieren.

Die Spendengelder der konservativen Magnaten wollen nicht so recht fließen, Apple entzog den Republikanern die Unterstützung als Ko-Sponsor des Parteitags. In der Wahlkampflogistik ist ihm die gut geölte Maschinerie Hillary Clintons in fast jedem Aspekt überlegen, in den Umfragen liegt er derzeit doch recht abgeschlagen hinter seiner voraussichtlichen Gegenkandidatin. 70 Prozent der Amerikaner lehnen den schillernden Polit-Entertainer ab – und dies ist derzeit die einzige Statistik, in der er vorne rangiert. Hillary Clinton mag weithin unpopulär sein, bei den wahlentscheidenden Minderheiten – Afro-Amerikaner oder Latinos – und nicht zuletzt bei den Frauen hat sie freilich einen eminenten Vorteil.

Irritieren muss Trump auch der Widerstand innerhalb der eigenen Partei. Nicht nur rümpfen viele in der Grand Old Party die Nase über den Populisten aus New York und seine Tiefschläge gegen Justiz, Minoritäten und Medien. Mitt Romney, Ex-Präsidentschaftskandidat und sittenstrenger Mormone, rief die Parteigänger im Herbst gar zur Abstinenz auf. Intern haben die Trump-Gegner ihre Revolte gegen den ungeliebten Kandidaten noch immer nicht aufgegeben. Manche hängen der Illusion von einem Putsch gegen den Tycoon am Parteitag nach – was indes nur kontraproduktiv wäre. Es würde die Partei spalten, und am Ende würde davon nur die demokratische Kandidatin profitieren. Wie seine Gegner im republikanischen Establishment es auch drehen und wenden mögen, an dem Faktum ist nicht zu rütteln: In den Vorwahlen hat der Außenseiter alle Favoriten aus dem Feld geschlagen und die Mehrheit der Delegierten auf sich vereint. Es wäre unredlich, unfair und demokratiepolitisch illegitim, die Spielregeln im Nachhinein zu ändern.

Lasst Trump einfach Trump sein“, so lautet die Devise des Kandidaten und seiner Anhänger, wenn er wieder einmal gegen alle Konventionen verstößt, die Parteielite verstört und ans Ressentiment appelliert. Es wäre ein Irrglaube, zu denken, das Trump-Team könnte noch ein stringentes Programm zu Papier bringen. Der extrem dünnhäutige Kandidat hat sich bisher beratungsresistent gezeigt, und nichts deutet darauf hin, dass sich dies noch ändern könnte.

Er wird sein Erfolgskonzept beibehalten, das er im republikanischen Vorwahlkampf zur Perfektion gebracht hat: die stete Provokation, sich mit radikal-abstrusen Vorschlägen ins Gespräch bringen, Attacken unter die Gürtellinie. Das verspricht den schmutzigsten Wahlkampf der jüngeren Vergangenheit und eine aufgeheizte Atmosphäre, wie er jüngst beim Attentatsversuch auf Trump in Las Vegas zum Ausdruck kam. Einiges mag ja davon abhängen, wen er als seinen Vizepräsidentschaftskandidaten – oder besser: seine Kandidatin – präsentieren wird.

Bei seiner heutigen Stippvisite in Schottland werden auch die Europäer einen Eindruck von dem Präsidentschaftskandidaten gewinnen, wenn er sich am Tag vor dem EU-Referendum vollmundig für einen Brexit in die Bresche werfen und „Belgien“ geißeln wird, wenn er doch „Brüssel“ meint – wie ihm dies unlängst als Fauxpas unterlaufen ist.

E-Mails an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2016)

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