Weniger Bankensteuer: Jubel über Überfälliges, Dank an die Falschen

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Es war höchste Zeit, die Abgabe zu entschärfen. Dass der holprige heimische Sonderweg ein Ende findet, ist aber ein Verdienst der EU-Bankenunion.

Österreich, ein Sommermärchen. Die Regierung senkt die Bankensteuer auf ein Niveau, das im europäischen Umfeld üblich ist. Und auf einmal, so scheint es, wird alles gut. Nun komme das Land zurück an die Spitze, frohlockt der Finanzminister. Notenbank und Wirtschaftskammer applaudieren: überzeugendes Signal, wertvolle Impulse. Und die Banken, jahrelang im Dauerclinch mit der Politik, streuen den Entscheidern Rosen: So viel Mut zu unpopulären, aber richtigen Entscheidungen stimmt Bankensprecher Andreas Treichl endlich zuversichtlich.

Wir wollen keine Spielverderber sein und vermeiden Misstöne im Jubelchor. Aber ein paar Dinge sollten doch zu denken geben. Wenn Kanzler Kern mit der No-na-Einsicht, dass Banken „ein wichtiger Teil unseres Wirtschaftslebens sind“ und wir „Interesse an ihrer gesunden Entwicklung“ haben müssen, schon Tränen der erleichterten Rührung erntet – wie sehr hat sich da sein Vorgänger, Werner Faymann, in Ressentiments gegen die raffgierige Finanzbranche verbohrt? Wenn das Versprechen, dass die Milliarde, mit der sich die Banken freikaufen, gezielt dort eingesetzt wird, wo es am meisten Früchte trägt, für ungläubig beglücktes Staunen sorgt – wie sehr haben wir uns da schon daran gewöhnt, dass der Fiskus mit Mehreinnahmen nur Budgetlöcher stopft? „Zukunftsinvestitionen“ ist ein blödes Wort, weil man kaum in etwas anderes als in Künftiges investieren kann. Aber um in der semantischen Schieflage zu bleiben: Das allzu Gewohnte ist öffentlicher Vergangenheitskonsum – Gelder für die gute Laune der Pensionisten und einen nostalgischen Fetisch namens Föderalismus.

Da die Bankenabgabe, wie wir sie kennen, nun bald passé ist, hier eine kleine Ehrenrettung zum Abschied: Es ist würdig und recht, wenn eine Branche ihre finanziellen Probleme, soweit möglich, mit eigenen Mitteln löst. Zumal dann, wenn sie zum Teil kollektiv schwere Fehler begangen hat, sich untereinander stark vernetzt und so sehr Stütze des Systems ist, dass sonst der Steuerzahler einspringen muss, um ihre Unternehmen vor der Pleite zu bewahren. Aber statt Mechanismen für die Eigenrettung zu fordern und zu fördern, hat die heimische Politik den Sektor als Spielball des Populismus missbraucht. Den bei Weitem größten Schaden verursachte die Hypo Alpe Adria und damit Haiders Kärntner Sonnenkönigtum. Den Löwenanteil der Steuer zahlten Großbanken, die damit wenig zu tun hatten. Ihr Geld floss weder in die Stabilität des Sektors noch in Bildung und Forschung. Dafür aber zu einem Drittel an die Länder und Gemeinden. Auch nach Kärnten, in die Heimat der Misswirtschaft und der nicht einzuhaltenden Garantien.


Ökonomisch untragbar wird eine Abgabe, wenn sie zehnmal so hoch ist wie ihr Pendant in Deutschland – was die Banken beim großen Nachbarn nutzten, um heimische Firmenkunden abzuwerben. Politisch untragbar wird sie, wenn die Regierung ihr Versprechen nicht einhält, zusätzliche Zahlungen der Geldhäuser an EU-Töpfe von ihr abzuziehen. Dass diese Anrechnung nun doch erfolgt, müsste in Wahrheit selbstverständlich sein. Nicht unseren urplötzlich von Weisheit und Großmut überfallenen Regierenden verdanken wir, dass wir die holprige österreichische Lösung nun endlich loswerden. Die Ehre gebührt den meist unbedankten Machern der europäischen Bankenunion.

Brüsseler Bürokraten und Frankfurter Aufseher haben Europas Banken zu einer gemeinsamen Kassa verpflichtet, damit die schwarzen Schafe der Branche zur Herde zurückfinden. Sie haben dafür gesorgt, dass künftig auch Eigentümer und Investoren der Institute einen Schaden mittragen müssen, bevor der Steuerzahler einspringt. Sie haben sich auch in Ruhe überlegt, wie man dabei Kleinanleger schonen kann, die – wie in Italien – in großer Zahl Bankanleihen gekauft haben. Das alles war mühsam abzustimmen, dauerte lang und klang für Laien ziemlich technisch. Schlimmer noch für die mediale Resonanz: Der Weg zum Ziel war nicht von Begehrlichkeiten und ideologischer Polemik gesäumt. So kommt man zu Lösungen. Wie man zu Schlagzeilen kommt, weiß unser großkoalitionärer Jubelchor freilich viel besser.

E-Mails an: karl.gaulhofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2016)

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