Kunstinstitute sind keine Konzerne, aber manches verbindet die beiden

Archivbild: Das Schloss Belvedere in Wien
Archivbild: Das Schloss Belvedere in Wien(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Keine noch so umfänglichen Papiere, sondern die Menschen sind für Institutionen verantwortlich. Daran sollten Museumsreformer denken.

Es sind immer die Menschen, nicht die Maschinen, an diesen Spruch aus der Zeit, als der Computer in die Welt gekommen ist, erinnern die Ereignisse im Belvedere. Verstöße gegen Compliance-Vorschriften waren der Stein des Anstoßes. Ein sprödes Wort, worum geht es da überhaupt? Kurz gesagt: Um das, was man tut oder nicht tut, zum Beispiel Einladungen oder Spenden annehmen oder private Feste im Museum abhalten. Anders als beim Burgtheater war der entstandene Schaden im Belvedere offenbar gering: 15.000 Euro. Bei der Burg sollen es etwa 20 Millionen gewesen sein. Im Belvedere amtiert seit 2007 eine tüchtige, fantasievolle Direktorin, der es offenkundig an der Fähigkeit zur Menschenführung fehlt. Im Burgtheater regierte ein Direktor, der sich auf eine Geschäftsführerin verließ, die finanziell zu großzügig war, auch mit dem Direktor – dessen Eröffnungsprogramm ein Feuerwerk, aber zu teuer war.

Es ist noch nicht lang her, dass Kulturinstitutionen jedes Jahr mehr Geld brauchten; was unter dem Strich fehlte, berappte der Steuerzahler. Bundestheater und Bundesmuseen wurden ausgegliedert. Sie hatten nun fixe Budgets. In der Folge wurden gerade die Bundestheater immer wieder auf Herz und Nieren geprüft. Trotzdem war der Burgtheater-Skandal möglich. Weil kein Papier der Welt und kein noch so toller Experte dafür sorgen kann, dass Kulturinstitutionen mit ihrem Budget auskommen geschweige denn florieren. Nur die Menschen, die dort arbeiten, schaffen das. Und das hängt wesentlich auch vom Management ab.

Managen kann man lernen. Da geht es nicht nur um Zahlen, sondern um Motivation. Ein Manager sollte nicht nur in seinem stillen Kämmerlein sitzen und über Ideen brüten. Er muss zu seinen Leuten hinausgehen, sie überzeugen und begeistern. Er muss rechnen und reden können. Wer das nicht kann, wer launenhaft oder gemein ist, Mitarbeiter beschimpft oder jeden ihrer Schritte kontrolliert, ist als Manager ungeeignet, auch als Theater- oder Museumsdirektor. Wir wünschen uns für künftige Personalentscheidungen im Kulturbereich Führungskräfte, die nicht nur gescheit und innovativ sind, sondern auch ein Gespür für den richtigen Ton mit der Mannschaft haben. Wenn es einmal so weit ist, dass Mitarbeiter mit dem Chef via Gericht verkehren oder umgekehrt, dann ist es meist schon zu spät für fruchtbare Zusammenarbeit.

Insofern hat Kulturminister Thomas Drozda richtig entschieden, dass er im Belvedere auf einige Kräfte verzichtet und einen Neustart initiiert. Was er allerdings sonst ankündigt, weckt weniger Begeisterung. Eine Reform der Bundesmuseen, was soll das sein? Wenn es heißt, dass die kreativen Leute noch mehr Zeit mit Bürokratie verbringen und die Übrigen mit der Einhaltung von Regeln und Weißbüchern, dann muss man sagen: Um Gottes willen! Finger weg!

Kulturinstitutionen bekommen viel Geld vom Staat und sind ein wichtiger Arbeitgeber. Die Bundestheater beschäftigen etwa 2400 Personen und erhalten 163 Millionen Euro Subvention. Die Bundesmuseen werden mit 122 Millionen Euro subventioniert und haben 1700 Beschäftigte. Wir Bürger und alle diese Mitarbeiter haben ein Recht auf Erfindungsgeist und Verantwortungsbewusstsein. Beides ist unverzichtbar. Mit Dieter Bogner, der interimistisch die Belvedere-Geschäftsführung übernommen hat, und Edelbert Köb, dem ehemaligen Direktor des Museums moderner Kunst in Wien, sind nun zwei Veteranen in der heimischen Museumslandschaft am Zug. Wir sähen gerne auch jüngere Kräfte und Frauen bei der Museumsreform am Werk. Wien hat eine tolle Kulturlandschaft, in der teilweise erschütternder „Kantönligeist“ regiert: „Meins ist meins!“ Mehr Kooperationsbereitschaft, mehr Mischung im museologischen Bereich, in Ausstellungen, Projekten wäre gefragt.

Wie weit sind Kunstinstitutionen auch Konzerne? Die Turbulenzen in Unternehmen und auf den Finanzmärkten mögen zwar nicht vorbildhaft für die Kultur sein. Doch eines verbindet Kunst und Wirtschaft: Wenn Konzerne nicht in die Zukunft schauen – klug, flexibel, mit Fortüne geführt werden –, gehen sie unter. Das gilt auch für Kulturinstitutionen.

E-Mails an: barbara.petsch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2016)

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