"Ups" als politische Verantwortung für den Hyposkandal

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Mindestens sechs Milliarden Euro kostet der Hyposkandal die Steuerzahler. Aber politisch will niemand dafür verantwortlich gewesen sein.

Heute wird also der Skandal um die Hypo Group Alpe Adria endgültig abgeschlossen – mit ungefähr einer Tonne Papier, die der Untersuchungsausschuss dem Nationalrat übermittelt. Neben dem offiziellen Abschlussbericht des Verfahrensanwalts hat auch jede Partei ihren eigenen Bericht verfasst, in dem – je nach Couleur – die Verantwortung unterschiedlichen politischen Akteuren zugeschoben wird. Und was kommt nun nach 20 Monaten Beratungen heraus, nach der 700 Stunden dauernden Befragung von 124 Zeugen? Salopp formuliert: Ups, da ist uns was passiert.

Es ist für den Staatsbürger recht unbefriedigend, wenn er jetzt sieht, welche Konsequenzen die politischen Fehlentscheidungen im Hyposkandal haben. Nämlich gar keine. Die einen haben ja nur die Haftungen ausgeweitet; die anderen konnten ja gar nicht anders, als die wackelnde Bank zu verstaatlichen, um so eine Finanzkrise in Europa zu verhindern. Und am Ende bleibt der Steuerzahler auf den Milliardenkosten sitzen (auch wenn uns Finanzminister Hans Jörg Schelling die Einigung mit den Gläubigern als Erfolg verkaufen will).

Noch einmal, etwas deutlicher: Da wird also zuerst eine kleine Provinzbank im Zusammenspiel zwischen einem größenwahnsinnigen Landeshauptmann und einem ehrgeizigen Bankdirektor zum sechstgrößten Geldhaus Österreichs aufgeblasen. Als das Kartenhaus zusammenbricht, verstaatlicht ein schlecht vorbereiteter Finanzminister die Bank. Später verzögert seine Nachfolgerin wegen der bevorstehenden Nationalratswahl die Gründung einer unattraktiven Bad Bank, was, wie manche Experten meinen, den finanziellen Schaden noch vergrößert hat. Und am Ende bleibt ein „Ups“.

Nehmen wir als Beispiel die Notverstaatlichung. Im Bericht der Griss-Kommission werden den damaligen Akteuren, Finanzminister Josef Pröll und Staatssekretär Andreas Schieder, schwere Versäumnisse vorgeworfen. So ging bei den Verhandlungen der Umstand unter, dass die BayernLB bei einer Insolvenz der Hypo bis zu acht Milliarden Euro hätten abschreiben müssen. Die österreichischen Verhandler hätten mangels Vorbereitung keine Alternativszenarien entwickeln können und seien den Bayern mehr oder weniger hilflos ausgeliefert gewesen, lautete der Vorwurf von Irmgard Griss (die damit den Grundstein für ihre politische Karriere legte). Also kam es zur Verstaatlichung.

Im Bericht des Untersuchungsausschusses will man die politischen Akteure dafür nicht verantwortlich machen. Denn Minister und Staatssekretär seien von den eigenen Beratern – von der Nationalbank, der Finanzmarktaufsicht und auch den Beamten des eigenen Ministeriums – schlecht auf die Verhandlungen vorbereitet worden. Ist halt passiert.


Bevor jetzt die Freiheitlichen jubeln, die in ihrem Bericht genau darin und im späteren Agieren der Regierung die schwersten Fehler im Skandal sehen: Natürlich war es ihr einstiges Idol Jörg Haider, mit dem man jetzt nichts mehr zu tun haben will, auf den die verheerende Ausweitung der Landeshaftungen für die Hypo zurückgeht. In den besten – oder eher schlechtesten – Zeiten waren es fantastische 24,7MilliardenEuro. Mehr als das Zehnfache des Kärntner Landesbudgets!

Zumindest hat uns diese Ausweitung die einzige Entschuldigung in der ganzen Misere gebracht: Als der Kärntner Landtag 2004 einstimmig die Grundlage für das Ausufern schuf (als er nämlich ein Auslaufen der Haftungen mit 2007 beschloss, ohne aber eine Obergrenze festzulegen), hob auch ein gewisser Peter Kaiser die Hand. Als er Landeshauptmann wurde, hat er sich „bei allen Österreichern“ dafür entschuldigt, „dass so etwas passiert ist“. Immerhin.

Was also tun? Man sollte tatsächlich über eine Politikerhaftung diskutieren, wie dies das sonst recht entbehrliche Team Stronach vorgeschlagen hat. Vielleicht würden Entscheidungen dann etwas überlegter gefällt werden, und vielleicht mit etwas weniger Arroganz. Denn davon können wir ausgehen: Die Hypo war finanziell vielleicht der teuerste Politikskandal Österreichs, aber zweifellos nicht der letzte.

E-Mails an:norbert.rief@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2016)

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