Kreative Kräfte und Chaos

Symbolbild: Nordkoreas Führer Kim Jong-un
Symbolbild: Nordkoreas Führer Kim Jong-un(c) APA/AFP/KCNA VIA KNS/STR (STR)
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Zwischen Konflikt und Kooperation besteht ein riesiges Spannungsfeld. Es handelt sich dabei aber um kein Gegensatzpaar – vielmehr gehören die beiden Begriffe irgendwie zusammen.

Tippt man in einer Suchmaschine das Wort „Konflikt“ ein, stößt man auf eine lange Liste. Zu lesen ist da etwa von Ressourcenkonflikten, Verteilungskonflikten, Beziehungskonflikten, Interessenskonflikten, Machtkonflikten usw. Wenn man um sich blickt, könnte man meinen, dass Konflikte tatsächlich die Welt dominieren – Stichworte: Syrien, Nordkorea, Machtkämpfe oder Übernahmeschlachten. Über Innenpolitik wollen wir jetzt einmal nicht reden.

Man könnte also denken, es ist der Normalfall, dass in einer Welt voller Egoisten jeder gegen jeden kämpft. Doch dieser Eindruck ist grundfalsch: Die Welt ist auch voller Kooperation – zwischen Menschen, zwischen Gesellschaftsgruppen, Unternehmen, Organisationen, Staaten, sowohl lokal als auch regional und global. Liebe, Zuneigung, Freundschaft, aber auch temporäre Koalitionen und Zweckbündnisse bringen die Menschen zusammen und lassen sie am selben Strang ziehen.

Zwischen Konflikt und Kooperation besteht ein riesiges Spannungsfeld – und dieses auszuloten, hat sich das Forum Alpbach heuer vorgenommen.
Wenn man sich ein bisschen mit dem Thema beschäftigt, bemerkt man schnell, dass Konflikt und Kooperation kein striktes Gegensatzpaar sind, sondern dass es vielfältige Verknüpfungen und Wechselwirkungen zwischen ihnen gibt. So machte zum Beispiel Forums-Präsident Franz Fischler schon im Vorfeld der zweiwöchigen Debatten in den Tiroler Bergen darauf aufmerksam, dass Kooperation nicht automatisch etwas Gutes ist und Konflikte nicht ausschließlich etwas Schlechtes sind. Die deutsche Autoindustrie zum Beispiel hat innigst kooperiert, um Abgasnormen zu umgehen; und große Kunst lebt geradezu davon, geistreich und kreativ mit Konflikten umzugehen. Kurz gesagt: Beide Pole im Spannungsfeld Konflikt–Kooperation können Probleme und Chaos auslösen, aber auch kreative Kräfte anregen.

Zusammenarbeit in der Biologie

Eine andere interessante Wechselwirkung haben Mathematiker und theoretische Biologen herausgearbeitet: dass Menschen aus Eigennutz kooperieren. In Laborversuchen und Simulationen konnte nachgewiesen werden, dass auch völlig egoistische Individuen unter bestimmten Umständen kooperieren, weil sie dadurch mehr gewinnen können, als wenn sie alleine im Konflikt zu allen anderen stehen. Manche Forscher gehen sogar soweit, zu postulieren, dass Kooperation eine Grundtatsache in der Natur ist – quasi ein „Naturgesetz“.

Kooperation steht jedenfalls nicht im Widerspruch zur Evolutionstheorie, die fälschlicherweise von manchen auf einen Kampf Jeder gegen Jeden und auf ein „Recht des Stärkeren“ reduziert wird. Schon Charles Darwin sah auch einen „sozialen Instinkt“ am Werk. Wohin man in der Natur auch schaut: Überall gibt es direkt nebeneinander Konflikte und Kooperation. Ein Korallenriff beispielsweise ist das Gemeinschaftswerk von unzähligen Organismen und Arten – obwohl diese gleichzeitig um Lebensraum und Ressourcen konkurrieren.

Vor diesem Hintergrund darf es eigentlich nicht verwundern, dass auch in unserer gegenwärtigen Menschenwelt ständig neue Konflikte aufbrechen und zur selben Zeit das Ausmaß an Kooperation viel höher ist als jemals zuvor in der Menschheitsgeschichte.

Konflikt und Kooperation gehören offensichtlich zusammen. Es geht darum, sie in einer Balance zu halten – und ihre kreativen Kräfte zum Nutzen aller zu nutzen.

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