Leitartikel

Mit Kim Jong-un gibt es nicht viel zu bereden

Nur pazifistische Fantasten können glauben, dass sich Nordkoreas Diktator die Atombombe abverhandeln lässt. Militärische Abschreckung bleibt das wichtigste Mittel, um ihn im Zaum zu halten.

Die neuesten UN-Sanktionen haben Nordkoreas Diktator genauso wenig beeindruckt wie die vorangegangenen. Kaum war die Resolution 2375 beschlossen, schickte er schon wieder die nächste Mittelstreckenrakete über die Köpfe der Japaner hinweg auf die Reise. In der internationalen Gemeinschaft macht sich Ratlosigkeit breit, sie kommt mit ihren Strafverschärfungen gar nicht mehr nach und erreicht: null. Offenbar kann Nordkorea nichts davon abhalten, sein Nuklear- und Raketenprogramm voranzutreiben. Denn die Machthaber in Pjöngjang sehen spätestens seit dem Sturz von Saddam Hussein 2003 in der atomaren Bewaffnung die einzige Möglichkeit, sich vor Militärinterventionen zu schützen.

Was also tun? Vor allem in europäischen Medien wird in alter Appeasement-Tradition nach jedem Test einer Bombe oder Rakete der Ruf nach Verhandlungen lauter. Die USA sollten doch endlich „auf Augenhöhe“ in einen direkten Dialog mit dem Diktator Kim Jong-un treten, heißt es dann immer. Das klingt würdig und recht. Doch was soll der Zweck solcher Gespräche sein? Nur pazifistische Fantasten können glauben, dass sich Kim seine Atombomben abverhandeln lässt. Das wird nicht passieren. Dieser Zug ist abgefahren. Jetzt geht es darum, drei Gefahren abzuwenden: dass Kim die Atombomben einsetzt, unter ihrem Schutz einen konventionellen Krieg anzettelt und die Nuklearwaffen an andere Staaten oder Terrorgruppen weiterverkauft.

Skrupellos. Schreckensszenario eins ist unwahrscheinlich: Denn Nordkoreas Regime riskiert angesichts der US-Übermacht seine Auslöschung, wenn es einen nuklearen Gegenschlag provoziert. (Nicht ausgeschlossen werden kann jedoch, dass einer der Kontrahenten aufgrund einer Fehleinschätzung auf den Knopf drückt.) Fast ebenso unrealistisch ist Horrorvision zwei: Kim wird es auch unter dem Schirm seines Nukleararsenals kaum wagen, in Südkorea einzumarschieren. Denn er kann nicht davon ausgehen, dass die USA einer solchen Attacke aus Angst vor Nordkoreas Bombe gelähmt zuschauen. Am akutesten ist die dritte Bedrohung: Kim wird keine Skrupel haben, seine Waffentechnologie auf dem internationalen Schwarzmarkt zu Geld zu machen.

Der einzige Sinn, einen Gesprächskanal zu eröffnen, besteht darin, einen Draht einzurichten, um einen versehentlichen Atomkrieg zu verhindern. Dafür reicht ein rotes Telefon. Sonst aber gibt es nicht viel mit Kim zu bereden. Der nordkoreanische Herrscher wird Erpressung zu seinem Geschäftsmodell machen, sobald ihn die Welt mit Zugeständnissen für seine Drohungen belohnt. Man sollte ihm auch keineswegs den Gefallen machen, Nordkorea offiziell als Atommacht anzuerkennen, und damit andere zur Aufrüstung ermuntern. Wenn die Methode Kim Schule macht, dann gute Nacht. Gutes Zureden wird Nordkorea auch nicht daran hindern, Waffen zu verscherbeln. Da helfen nur scharfe Kontrollen.

Militärische Abschreckung bleibt das wichtigste Mittel, um Nordkorea im Zaum zu halten. Und dafür ist Donald Trump ausnahmsweise der Richtige.

christian.ultsch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2017)

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