Es wäre nun an der „Zeit für Neues“

Landeshauptmann Haslauer und Kanzler Kurz
Landeshauptmann Haslauer und Kanzler KurzAPA/BARBARA GINDL
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Die Landtagswahlen sind geschlagen. Doch statt Reformpolitik, die den Namen verdient, droht rot-schwarzer Widerstand gegen Türkis-Blau.

Die vier Landtagswahlen dieses Jahres sind geschlagen. Der Trend war eindeutig: Alle Landeshauptmann/-frau-Parteien haben sich eindrucksvoll behauptet. Das ist erfreulich für die jeweiligen Landeshauptleute, möglicherweise auch für die Länder, in denen es weiterhin stabile Verhältnisse gibt. Für die Republik ist das aber schlecht: Die an sich schon eher reformresistenten Landeshauptleute wurden nun noch weiter gestärkt.

Ja, es zeichnet sich – hinter den Kulissen freilich – eine Allianz ab, die der türkis-blauen Bundesregierung das Regieren schwer machen wird: eine aus oppositionellen Sozialdemokraten und großteils schwarzen Landeshauptleuten.

Man wird nun möglicherweise in Echtzeit miterleben können, wie Letztere den als „Reformminister“ geholten – und auch reformwilligen – Josef Moser (der dafür bisher seine Justizagenden vernachlässigt hat) in den Rücktritt treiben werden. Die ersten Ansätze waren ja schon da. Und nach seiner lebensbedrohlichen Sepsis wird Moser die ersten Wochen im Amt nach seiner Rückkehr wohl ohnehin ein wenig leiser treten (müssen).

Allein die von ÖVP und FPÖ versprochene Reform der Krankenversicherungen wird auf den Widerstand dieser Allianz aus Bundes-SPÖ und Landeshauptmann-ÖVP stoßen. Die Aufregung um die AUVA war ein kleiner Vorgeschmack.

Schwarz gegen Türkis – das Match ist nun wirklich eröffnet. Sofern sich Sebastian Kurz auf dieses Match überhaupt einlässt. Tut er das aus taktischen Gründen nicht, dann hat er ein Asset seiner Kanzlerschaft verspielt. „Zeit für Neues“ hätte dann – außerhalb der Bildungs- und Migrationspolitik – nicht stattgefunden.

Es mag paradox sein, aber es ist doch so: Die Wähler haben ihre Landeshauptleute für etwas anderes gewählt als Sebastian Kurz. Erstere haben sie für Stabilität gewählt, Zweiteren für Veränderung. Wie man das unter einen Hut bringt, muss die ÖVP nun vorzaubern.

Wobei es aus Sicht des Staates und seiner Zukunft wünschenswert wäre, wenn sich die Ansicht „Bund schlägt Land“ durchsetzen würde. Und es ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit: Sebastian Kurz hat ein Versprechen für Veränderung abgegeben. Er wird daran gemessen werden. Und zwar nicht bei Landtagswahlen, sondern bei Nationalratswahlen.

Das Stabilitätsversprechen erfüllt hat aus Sicht seiner Salzburger Landsleute jedenfalls Wilfried Haslauer. Der Finanzskandal, der das Land erschütterte, wurde aufgearbeitet, die daraus entstandenen Kosten teilweise abgetragen. Der Jahreshaushalt ist mittlerweile wieder ausgeglichen, der Schuldenstand sank unter die Zwei-Milliarden-Grenze. Mit ruhiger Hand hat Haslauer in den vergangenen Jahren für gute Stimmung gesorgt. Ein Landeshauptmann, für den man sich nicht genieren muss, einer, der auch auf großen Bühnen besteht. Das wurde nun belohnt.

Ein kleiner Dämpfer ist das Ergebnis letztlich doch für eines der derzeit größten Talente der FPÖ: Die erst 25-jährige Marlene Svazek konnte nicht allzu viel zulegen. Was auch mit dem beachtlichen Ergebnis des ehemaligen Landes-FPÖ-Chefs Karl Schnell zu tun hatte.

Die Sozialdemokratie lernt diesmal: Schwarz-Blau respektive Türkis-Blau im Bund ist kein Selbstläufer für die SPÖ in den Ländern. Der SPÖ wird schon etwas Eigenes einfallen müssen. Und das nicht nur in den Ländern.

Die Grünen blieben immerhin im Landtag. Aber eines ist offensichtlich: Eine Nachfrage nach linken Parteien gab und gibt es in Salzburg nicht.

Dass es für die Grünen entgegen dem bundesweiten Trend – mit einem entprechend attraktiven Personalangebot – auch anders laufen kann, zeigte Georg Willi gestern in Innsbruck, der trotz innerparteilicher Querelen, Abspaltungen und Rücktritten seine Partei sensationell auf Platz eins führte.

Die Neos konnten im bürgerlichen Salzburg die liberaleren Bürgerlichen auf ihre Seite ziehen. Deren quirliger Spitzenkandidat, Sepp Schellhorn, wird zweifellos auch einen persönlichen Anteil daran haben.

Sonst gilt nach vier Landtagswahlen mit Ausnahme von Kärnten - also eigentlich nach drei Landtagswahlen: Die ÖVP hat bemerkenswerte Siege eingefahren, die FPÖ sich passabel geschlagen. Dieses Mal wird also mutmaßlich nicht die FPÖ der ÖVP das Leben in der Bundesregierung schwer machen, sondern die ÖVP selbst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2018)

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