Der kleine Maxi und die dünnen Bretter

Der Basar nach dem Budget: Darf's dort oder da noch etwas sein? Nun rächt es sich, dass die Sparpläne erst liegen gelassen und dann über Nacht beschlossen wurden.

Natürlich könnte man jetzt den in solchen Fällen unvermeidlichen Max Weber zitieren. Sie wissen schon – die Politik, das Bohren, die harten Bretter. Im speziellen Fall sollte man jedoch eher davon sprechen, dass die Politik genauso funktioniert, wie der kleine Maxi, und zwar der sprichwörtliche, sie sich vorstellt.

Fassen wir zusammen: Um ihren Steiermark- und Wien-Wahlkampf nicht mit Sparplänen zu konterkarieren, entschlossen sich Rot und Schwarz, das Budget erst nach den beiden Landtagswahlen endzuverhandeln und vorzulegen. Da konnte es dann – obwohl man zuvor eigentlich genug Zeit gehabt hatte – auf einmal nicht schnell genug gehen.

Da wurde etwa die Beschränkung der Familienbeihilfe für Studenten bis zum Alter von 24 Jahren verkündet. Nicht bedacht wurde, dass dies für jene, die Wehr- oder Zivildienst geleistet haben, einen Nachteil bedeutet. Erst zwei Tage später wurden die diesbezüglichen Klarstellungen nachgereicht. Noch ein paar Tage dauerte es, bis 15 Millionen Euro nachgeschossen wurden: für die Studienbeihilfen jener 24- und 25-jährigen Studenten, die keine Familienbeihilfe mehr erhalten.

„Es kann schon sein“, dass die Familienbeihilfen-Kürzung ein wenig unausgegoren gewirkt habe, gab Finanzminister Josef Pröll vergangene Woche in einem „Presse“-Interview sogar unumwunden zu. „Aber ich habe bewusst Gas gegeben, damit es zu einem Kompromiss kommt.“ So sieht er aus.

Und dieser in Zahlen gegossene Kompromiss steht nun bereits wieder zur Disposition. Oder bildlich ausgedrückt: An den Schleifen des Sparpakets, das ohnehin kein richtiges war, wird an allen Ecken und Enden gezogen.

Der Mehrkindzuschlag soll weiterhin ausbezahlt werden, die 13. Familienbeihilfe am besten so belassen werden, wie sie ist, fordern beispielsweise die Familien-Lobbyisten. Als ob ein Zusammenhang zwischen Kinderreichtum und finanzieller Förderung der Familien bewiesen wäre. Schon die schwarz-blaue Regierung argumentierte solcherart ihr Kindergeld. Die Österreicherinnen bekamen jedoch trotz Kindergelds, Mehrkindzuschlags und 13. Familienbeihilfe nicht mehr Kinder.

Besonders absurd ist der Alleinverdienerabsetzbetrag, von dessen Existenz viele bis zu seiner angekündigten Abschaffung wahrscheinlich gar nichts gewusst haben. Diese Steuergutschrift für kinderlose Paare kommt vor allem Pensionisten zugute, und zwar jenen, die Steuern zahlen, also ohnehin über eine höhere Pension verfügen.

Auch die Gewerkschaft hat bereits Änderungswünsche angemeldet: in Bezug auf die abgeschliffene Hacklerregelung (das Antrittsalter für Frauen soll laut ÖGB nicht so schnell ansteigen wie geplant) und den Wegfall der Familienbeihilfe für ausgelernte 18- bis 21-jährige Arbeitssuchende. Man darf davon ausgehen, dass diese Wünsche beim dieswöchigen Gewerkschaftstag der Privatangestellten noch einmal verschärft vorgetragen werden.

Die Regierung hat bei den Studenten einige Ungerechtigkeiten eingebaut: Es ist richtig, dass dabei nun nachjustiert wird, etwa indem auch auf schwierigere Studien mit längerer Dauer Rücksicht genommen wird. Allerdings hat die Regierung damit auch all den anderen Interessenvertretern Tür und Tor geöffnet, die für ihre Klientel ebenfalls mehr herausschlagen wollen und sich dieser Tage beim Kanzler die Klinke in die Hand geben dürfen.

Diesem Druck weiter nachzugeben wäre verheerend. Denn ausgabenseitig wurde nicht zu viel, sondern zu wenig gespart. Das Werbegeschenk von 2008, die 13. Familienbeihilfe, hätte man beispielsweise ersatzlos streichen können. Und auch einnahmenseitig ist es ja nicht so, dass in Österreich zu wenige Steuern bezahlt werden, sondern zu viele. Wiewohl man jene auf die Umwelt schädigende Güter (Tabak, Autos etc.) durchaus argumentieren kann.

Dünne Bretter also. Mehr als daran ein wenig herumzuschrauben wird sich nicht ausgehen, will die Regierung ihr Budgetziel halten. Leidenschaft und Augenmaß, wie vom großen Max postuliert, sollte man dabei nicht unbedingt voraussetzen. Seiten 1,2

E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2010)

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