Das System Glücksritter

Der Telekom-Austria-Skandal ist bis jetzt ein orange-blauer. Ob er auch einer der ÖVP oder anderer Parteien wird, hängt ebenso an der Bereitschaft zur lückenlosen Aufklärung in den Parteizentralen.

Hubert Gorbachs politisches Vermächtnis bestand bisher darin, vorexerziert zu haben, dass Tempo160 auf Österreichs Autobahnen keine Mehrheit finden dürfte. Und dass manche Politiker Englisch nicht nur holprig sprechen, sondern auch schreiben, wie er in seinem legendären Brief – „the world in Vorarlberg is too small“ – an den britischen Finanzminister Alistair Darling kabarettistisch vorbildhaft vorführte. Gorbach könnte aber offenbar auch für ungenierte und enthemmte Korruption in der österreichischen Politik stehen. Die Telekom Austria, an der die Republik Österreich bis heute rund 28 Prozent hält, dürfte Gorbach und das damalige BZÖ bezahlt haben, um die ein oder andere Gefälligkeit wie eine für das Unternehmen lukrative Gesetzesänderung zu bekommen.

Der aktuelle Chef der Minihybrid-Partei BZÖ, Josef Bucher, wehrt sich gegen jeden Zusammenhang: Verantwortlich seien außer Gorbach Ex-BZÖ-Politiker, die mittlerweile bei der FPÖ seien. Mit Ex-Bündnissprecher Uwe Scheuch kann Bucher es ja machen.

Das sei kein ÖVP-Skandal, hielt Michael Spindelegger im ORF-„Sommergespräch“ fest. Da hat er nur zum Teil recht. Der damalige Regierungschef Wolfgang Schüssel kann wirklich nur schwer für das Treiben Gorbachs verantwortlich gemacht werden. Oder wäre Werner Faymann haftbar, würde Korruption bei einem ÖVP-Regierungsmitglied ruchbar? Und nein, die Episode, dass die Telekom Austria einen Fußballverein in der oberösterreichischen Heimat Wilhelm Molterers unterstützt hat, hat eine andere, harmlosere Dimension als die Gorbach-Zahlungen. Wenn das Sponsoring eines Fußballvereins durch einen staatsnahen Betrieb ein Skandal ist, hätten die prosperierenden Unternehmen der Stadt Wien mit ihrer Präsenz bei den Fußballvereinen ein echtes Problem.

Aber die ÖVP hat noch immer einen dicken blinden Fleck, nämlich Ernst Strasser und seine politischen Zöglinge, die in einflussreichen Positionen der Partei, auch der Telekom, und befreundeter Unternehmen sitzen. Bei den Jagdausflügen von Alfons Mensdorff-Pouilly waren die Strasser-Buben häufig mit von der Partie. Stimmt, es darf keine Sippenhaftung geben: Maria Rauch-Kallat, die Ehefrau des Lobbyisten, kann nichts dafür, wenn ihr Mann etwas anstellt. Aber die ÖVP-Funktionäre, die die Nähe und das Netzwerk des reichen Herrn suchten, sollte sich Spindelegger einmal zur Brust nehmen.

Vermutlich tauchen noch mehr Politikernamen in dem Korruptionsskandal auf, vielleicht warten SPÖ und ÖVP auch deswegen mit ihrem Ja zu einem U-Ausschuss ab. Einiges spricht dafür, dass SPÖ-und ÖVP-Vertraute wegen Vorkommnissen beim Erwerb des bulgarischen Mobilfunkers noch auf die Skandal-Liste der Telekom kommen. FPÖ und BZÖ sind trotz möglicher Verwicklung für einen Ausschuss, die Grünen sowieso. Die ÖVP würde gut daran tun, sich dem anzuschließen. Es könnte die Chance sein klarzulegen, dass die Integrität Wolfgang Schüssels unangetastet sei. Obwohl er mit den Totengräbern einer bürgerlichen Wende und Haltung in der Regierung saß.



rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2011)

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