Ein paar Weckrufe zum Kampf gegen den Korruptionskraken

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Österreich versinkt im Korruptionssumpf – und die Politik schweigt. Statt den Kern der Sache, die Parteienfinanzierung, endlich transparent zu machen.

Eigentlich sind die Österreicher ein sehr besonnenes Volk: Da stellt sich heraus, dass ein mafiös strukturierter Korruptionskrake, der tief in die politische und wirtschaftliche Elite des Landes hineinreicht, die Republik und ihr nahestehende Unternehmen aussaugt wie der Gourmet die Auster. Und keiner der Zahler – immerhin verursacht Korruption hierzulande einen volkswirtschaftlichen Schaden von 26 Milliarden Euro im Jahr – startet einen Aufstand.

Da stellt sich heraus, dass man hierzulande von der Staatsbürgerschaft bis zum Nationalratsabgeordneten (Letzteren, im Gegensatz etwa zur Ukraine, sogar straffrei) alles kaufen kann – und kaum jemanden regt das auf.

Ist aber auch nicht weiter verwunderlich: Ein Land, in dem so etwas wie die berühmt gewordene „Homepage-Spende“ der Industriellenvereinigung an einen Karl-Heinz-Grasser-Freundesverein im Vorfeld einer Unternehmenssteuerreform – in der zivilisierten Welt außerhalb Österreichs ein glasklarer Fall von Korruption – auch von der Justiz achselzuckend akzeptiert wird, hat sich mit dieser Form der Kriminalität arrangiert. „Es gibt in Österreich eben eine gewisse Bestechungskultur“, wie das Ex-Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler immer wieder resignierend feststellt.

Was aber noch gespenstischer ist als das Schweigen der geschädigten Bevölkerung, ist die relative Stille, die einem dazu aus der Politik entgegenschlägt. Warum eigentlich? Weil versteckte Parteienfinanzierung im Spiel ist und man sich dieser Quellen nicht berauben will?


Weil der Korruptionssumpf, aus dem jeden Tag eine neue unappetitliche Blase hochblubbert, langsam unerträglich wird, versuchen wir es hier mit ein paar Weckrufen:

Hallo, Herr Bundeskanzler: Hier geht gerade die Republik, der Sie vorstehen, den moralischen Bach hinunter. Wäre das nicht ein aufgelegter Elfer für Ihre Gerechtigkeitskampagne? Nein? Lassen Sie mich raten: Weil es da noch für Netzwerke, die am Rande auch in eigene Skandale – Bawag und so – involviert waren, eng werden könnte und selbst Kanzlerfestlsponsoren ins Gerede kommen könnten?

Hallo, Herr Vizekanzler: Wie passt es in Ihre Leistungsträgerideologie, dass da teils ziemlich prominente Parteifreunde den Staat und Staatsfirmen nach dem „Wos wor eigentlich mei Leistung?“-Prinzip aussackeln? Wäre es nicht an der Zeit, auf den Putz zu hauen, statt den Generalsekretär mit lächerlichen Beschwichtigungsaussagen vorzuschicken? Und könnten Sie nicht Ihren Parteifreund Schüssel bitten, das Bild ein wenig zurechtzurücken? Immerhin wird bei aller Unschuldsvermutung schon gegen drei seiner Minister ermittelt, und man kann es wohl nicht unkommentiert lassen, dass die „Wenderegierung“ dabei ist, in der öffentlichen Meinung als korrupteste politische Veranstaltung seit Beginn der Aufzeichnungen in die Geschichte einzugehen.


Hallo, Herr Strache: Wie passt es zu Ihrem gern gepflegten Saubermann-Image, dass einer Ihrer Landesstatthalter wegen versuchten Staatsbürgerschaftshandels (nicht rechtskräftig) verurteilt ist und trotzdem weiter Landeshauptmannstellvertreter und Landesparteichef spielt? Ja, genau: Der, von dem die Budapester Staatsanwaltschaft glaubt, dass er in einen Versicherungsbetrug mit Autos verwickelt war. Was wir aber nicht annehmen, weil das an Österreich übertragene Verfahren unter einer FPÖ/BZÖ-Justizministerin ja eingestellt wurde.

Und eine Frage an alle: Wieso ist es so schwer, Transparenz bei Parteispenden herzustellen? Weil dann auffliegt, wohin ein Teil der Korruptionsgelder fließt? Das wäre unerträglich. Also beweist uns endlich, dass das nicht so ist und diese Form der organisierten Kriminalität, die hier sichtbar wird, nur politiknahe, aber nicht politikimmanent ist.

Apropos organisierte Kriminalität: Genau für diesen Zweck gibt es den ominösen Mafiaparagrafen, den man bisher nur an ein paar durchgeknallten Tierschützern ausprobiert hat. Bremst da vielleicht irgendjemand? Wundern würde das niemanden. Und das ist das wirklich Schlimme an der Sache.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2011)

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