Die Pflicht mag erledigt sein, die Kür lässt auf sich warten

Dass das Steuerabkommen mit der Schweiz doch rechtzeitig fertig wird, ist ein Erfolg für die Regierung. Das macht aber das Fehlen von Reformen nicht besser.

Sie hat es doch geschafft. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) wird heute, Freitag, in Bern das Steuerabkommen mit der Schweiz unterzeichnen, wonach österreichische Schwarzgelder auf Schweizer Konten durch eine Einmalzahlung von bis zu 38 Prozent des Vermögens weiß gewaschen werden. Sollte nicht noch ein Schweizer Referendum – wie es beim deutschen Pendant von einem Aktionsbündnis bereits geplant ist – dazwischenkommen, könnte das Abkommen Anfang 2013 in Kraft treten. So wie es die Regierung in ihrem Spar- und Belastungspaket im Februar geplant hat.

Nun muss offen anerkannt werden, dass dies ein Erfolg für Fekter und die heimische Regierung ist. Die Kritik am dilettantischen Vorgehen rund um das Abkommen verliert dadurch aber nicht an Relevanz. So macht auch der positive Abschluss der Verhandlungen den zumindest diplomatischen Fauxpas nicht besser, die Milliarde fürs Budget bereits fix eingeplant zu haben, bevor mit der Schweiz überhaupt erste Gespräche aufgenommen wurden. Wenn jemand am Beginn einer Fahrt falsch abbiegt, ist das schließlich auch dann noch ein Fehler, wenn er schlussendlich doch am richtigen Ziel angekommen ist.

Eine andere Frage lautet außerdem, wie groß der Erfolg des jetzigen Abkommens überhaupt ist. Denn das deutsch-schweizerische Abkommen, bei dem die Unterschriften schon seit mehreren Tagen trocken sind, hängt immer noch in der Luft, weil der oppositionellen SPD die Steuersätze zu niedrig ausgefallen sind. Sie kritisiert dies als Bevorzugung von Steuerhinterziehern gegenüber ehrlichen Steuerzahlern und droht daher mit einer Blockade im Bundesrat.

Im heimischen Abkommen mit der Schweiz fallen die Steuersätze noch niedriger aus als jene in Deutschland. An der Umsetzung der Vereinbarung wird das jedoch nichts ändern. Denn auch wenn die Opposition darüber schäumt, kann sie wegen fehlender Macht nichts machen. Und die SPÖ hat – anders als ihre deutschen Genossen – damit kein Problem. Sie sitzt ja schließlich in der Regierung, die das Abkommen ausverhandelt hat.

Vielleicht ist man hierzulande einfach pragmatischer als in Deutschland und nimmt lieber den sprichwörtlichen Spatz in der Hand, statt auf die Taube aus der Schweiz zu warten. Vielleicht ist es aber auch die Tatsache, dass Österreich selbst jahrelang das „Geschäftsmodell“ praktizierte, vornehmlich deutsches Schwarzgeld anzuziehen und geschützt durch das Bankgeheimnis gute Gewinne zu machen, weshalb Steuerhinterziehung immer noch als Kavaliersdelikt angesehen wird.

Klar ist jedenfalls, dass Österreich das weiß gewaschene Schwarzgeld zwar früher als Deutschland erhalten wird, dafür aber deutlich weniger. Der größte Profiteur des schnellen Abschlusses wird also weniger der Fiskus als vor allem die heimische Finanzministerin sein. Was dieser nicht ungelegen kommen dürfte. Sie stand aufgrund ihrer „offenen Kommunikationspolitik“ zuletzt nämlich nicht mehr nur international, sondern auch parteiintern im Schussfeld der Kritik, weshalb schon Ablösegerüchte die Runde machten. Das Steuerabkommen könnte für sie zum Befreiungsschlag werden.

Grundsätzlich ist das Abkommen aber zu begrüßen. Denn bei aller berechtigten Kritik an der „weltmeisterlichen“ Abgabenquote von 42 Prozent ist Steuerhinterziehung vor allem eine Schädigung jener ehrlichen Steuerzahler, die es sich nicht „richten können“. Es ist daher auch richtig, dass sich der Staat einen Teil des ins Ausland geschafften Geldes zurückholt.

Die Regierung hat damit aber maximal ihre Pflicht erledigt, die Kür lässt weiterhin auf sich warten. Dazu würde es wirklicher Reformen bei den seit Jahren bekannten Großthemen wie Gesundheit, Verwaltung oder Föderalismus bedürfen. Denn mit Einmaleinnahmen wie dem jetzigen Steuerabkommen kann ein Land nicht saniert werden. Da braucht es schon mutige Eingriffe bei den Ausgaben. Und diese sind trotz der jetzigen „Erfolgsmeldung“ nicht einmal in Ansätzen zu sehen.


E-Mails an: jakob.zirm@diepresse.com

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