Wenn sich Rudas um die ÖVP sorgt

Die SPÖ-Geschäftsführerin demütigt mit Mitleid die ÖVP. Bisher gelingt die SPÖ-Taktik des Dolcefarniente. Der Versuch, sich von mitverantworteten Problemen zu distanzieren, sollte es nicht.

Laura Rudas hat eine Doppelgängerin. In der vorerst verschwundenen ORF-Sendung „Wir Staatskünstler“ hatte Claudia Kottal ihre ersten grandiosen Auftritte als Bundesgeschäftsführerin mit endlos rollendem „R“. Seither gibt die Schauspielerin mit dem kabarettistischen Talent offenbar auch Interviews als Laura Rudas, das vorläufig letzte war demnach am Samstag im „Standard“ zu lesen, bei dem die Komödie auf die Spitze getrieben wurde, indem die Aussagen mit gespieltem Bierernst als Aufmacher auf Seite eins gedruckt wurden. „ÖVP kommt im U-Ausschuss viel zu hart dran“, vergoss da die vermeintliche Rudas Krokodilstränen über das Schicksal des Koalitionspartners angesichts des Falles Telekom Austria. Das, was sich die FPÖ geleistet habe, sei viel „grausiger“ gewesen, die ÖVP wäre harmloser, komme aber medial viel härter dran, so die Interviewte sinngemäß.

Mitleid für die ÖVP? Infamer kann man die Partei von Michael Spindelegger nicht demütigen. Das ist großes Kabarett. Und ganz real. Denn natürlich war es die echte Rudas. Sie kann nicht anders. So sehr sich die Sozialdemokraten bemühen, die Genugtuung über den Fall des Ex-Gegners ist nicht zu übersehen. Dazu gesellt sich die Selbstzufriedenheit, strategisch im Vorteil zu sein.
Die alte Methode hat wieder einmal funktioniert: nichts sagen, nichts tun, nicht ablenken. Wochenlang hielten sich fast alle SPÖ-Politiker an die ausgegebene Devise, nichts zu unternehmen, um der politischen Berichterstattung über die ÖVP-Korruption irgendwie Konkurrenz zu machen. Nach dem Prinzip „Untertauchen“ arbeiteten die Grünen schon unter Alexander Van der Bellen. Erfolgreich sind sie damit mit Eva Glawischnig zwar nicht mehr, aber wenn man einen Grün-Politiker darauf anspricht, erntet man nur süffisantes Lächeln. Es folgt der Hinweis auf den größten Inquisitor aller Zeiten (Peter Pilz) sowie die Erklärung, dass Meinungsumfragen eine Erfindung der Medien seien und die Grünen im Netz längst eine völlig neue Kommunikation betrieben, die an der Urne bald große Wirkung zeigen werde. Nur komisch, dass es die Piraten gibt.

Die FPÖ sagt mangels Inhalten (oder aus Vernunft?) wenig bis nichts. Für das BZÖ redet Josef Bucher zwar ständig, nur ohne Zuhörer. Nur der, der die Rolle des unauffälligen Arbeiters im Hintergrund glaubwürdig spielen könnte, darf nicht: Spindelegger muss die Krise seiner Partei (er)klären.

Schützenhilfe leistet ihm nur noch der stets präsente Staatssekretär für Integration und Wahlkampf. Bei genauerem Hinsehen agiert der nicht unähnlich wie Laura Rudas. In dieser Zeitung nennt der junge, aber dafür schon lange dienende JVP-Funktionär das aktuelle Wahlrecht „ein krankes System“. Und Rudas glaubt: „Das spezielle Problem in Österreich ist aber die Intransparenz des politischen Systems.“ So spricht die Geschäftsführerin der Kanzlerpartei. Fehlt nur noch, dass sich Werner Faymann vom System der Boulevard-Finanzierung distanziert und Spindelegger von Niederösterreich.
Aber auch so wurde das Kabarett bereits endgültig zur Tragikomödie.


rainer.nowak@ diepresse.com

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