Was sich schon alles Polizei nennen darf

Die sogenannte Bilanzpolizei wird heute vom Nationalrat beschlossen und gleichzeitig zu Grabe getragen.

Wenn sich einer Polizist nennt, obwohl er gar keiner ist, dann begeht er eine Straftat. Paragraf 314 des Strafgesetzbuches ahndet die „Amtsanmaßung“ mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten. Wenn der Nationalrat heute ein Gesetz beschließt, das die Gründung einer Bilanzpolizei zur Folge hat, gründet er eine Behörde, die knapp am Strafgesetzbuch vorbeischrammt. Denn diese Polizei verdient ihren Namen nicht. Wie heißt es im Gesetzbuch? „Wer sich die Ausübung eines öffentlichen Amtes anmaßt, ohne dazu befugt zu sein...“

Genau das wird bei der Bilanzpolizei der Fall sein. Wenn heimische Aktiengesellschaften künftig ihre Bilanz frisieren, riskieren sie lächerlich niedrige Geldstrafen. Und während in Deutschland die Verfehlungen der Unternehmen veröffentlicht werden, plant man in Österreich eine sogenannte Kann-Bestimmung. Was das in der Praxis bedeutet, weiß jeder: eine Wird-nicht-Bestimmung. Hierzulande will man Verstöße allen Ernstes unter Verschluss halten. Transparenz sieht anders aus. Dass am Ende auch noch Interessenvertreter Einfluss auf die Tätigkeit dieser Behörde nehmen sollen, setzt den Bilanzpolizisten endgültig ein Narrenkappl auf.

E-Mails an: gerhard.hofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2012)

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